Ist noch gar nicht so lange her, da habe ich hier in diesem Blog über die schönen Seiten der direkten Demokratie philosophiert. Nun lernen wir die Schattenseiten kennen. Die Schweizer haben kurzerhand mit einer Volksinitiative die Minarette an Moscheen verboten. Das wird überall sehr intensiv diskutiert, auch im Netz: Die freiheitlich denkenden schauen mit Bestürzung in unser südliches Nachbarland, einige sehen es als Triumph der Demokratie, die radikalen Atheisten sehen den Anfang vom Untergang aller Religionen und die Rechte feiert natürlich. Ich denke dieser Zusammenhang ist durchaus eine Grundsatzdebatte über die direkte Demokratie wert.
Doch vorweg hier nochmal eine Meinung zur Problematik die ich loswerden will: Fakt ist, die Schweizer haben erst einmal Tatsachen geschaffen, egal wieviel wir diskutieren, ändern wird es wohl so schnell nichts. Ein Argument was ich allerdings schon mehrfach gehört habe, bringt mich auf die Palme: „Die Araber verbieten doch auch Kirchen.“ Ich bin der letzte, der den christlichen Glauben nicht als wichtigen Teil der europäischen Geschichte und Kultur bezeichnen würde, aber das schlägt dem Fass den Boden auf. Nur weil in Staaten, in denen es noch Verurteilungen wegen Hexerei gibt, eine christliche Minderheit diskriminiert wird, diskriminieren wir unsere muslimische zurück? Enthaupten wir auch jetzt unsere Taliban-Gefangenen nur weil die Taliban sowas machen? Diese barbarisch Auge-um-Auge-Mentalität macht mich krank. Sorry.
Nun aber zur versprochenen Grundsatzdebatte. Viele Leute finden das Schweizer System ja supertoll, ich finde es katastrophal. Im Gegensatz zu dem was auch hier manchen Demokratie-Aktivisten vorschwebt, gibt es keinen langwierigen Prozess der viel Öffentlichkeit und Diskussion vorraussetzt. Die Quoten sind verschwindend gering, nur 100 000 Bürger müssen unterzeichnen um eine Initiative in die Wege zu bringen. Das hat zur Folge, dass das schweizer Volk mit einer regelrechten Schwemme von mehr oder minder sinnvollen Volksinitiaven bedeckt wird. Diese beschäftigen sich mit zum Teil durchaus komplexen Fragestellungen, die ein hohes Vorwissen vorraussetzen. Ich kann als Freizeitpolitiker mit Tagesjob durchaus sagen, dass es mir schon schwer fällt bei allen Themen am Ball zu bleiben, die mich selbst interessieren. Ich für meinen Teil könnte mir nicht die Zeit nehmen mein Steuerrecht aufzufrischem, um mich mit der Initiative «Für faire Steuern. Stopp dem Missbrauch beim Steuerwettbewerb (Steuergerechtigkeits-Initiative)» sinnvoll auseinander zu setzen. Und dank fehlender Delegationsmöglichkeiten kann ich nicht mal einen Berufspolitiker meines Vertrauens bitten für mich abzustimmen in dem ich z.B. meine Stimme an das Paralement abgebe.
Was mir auf so machen Parteitagen passiert, geschieht in der Schweiz auf breiter Fläche: Die Leute werden wahlmüde. Vor der Beteiligungen an manchen Volksabstimmungen muss sich nicht mal unsere Europawahl verstecken. Faktisch haben 32% der Schweizer für ein Minarettverbot gestimmt und damit ist es durch. Was ist passiert? Ich glaube nicht, dass die Schweizer grundsätzlich ein xenophobes Volk sind, aber dass es durchaus eine gut organisierte xenophobe Minderheit gibt, die mit Hetze und Panikmache nun eine gute Stunde erwischt hat. Und genau das ist das Problem, wenn man es nicht richtig macht. Minderheiten können sich unversehens durchsetzen und die viel beschworene „Weisheit der Masse“ wird zur „Hintertür der Minderheiten“.
Ich für meinen Teil bin ein Befürworter der direkten Demokratie, aber das System muss vorraussetzen, dass ein Volksentscheid das nötige Interesse einer entsprechenden Menge von Bürgern vorraussetzt und dass auch Volksentscheide ihre Grenzen in den Grundrechten finden. Ein Fehler der häufig passiert ist, dass viele ein abgeschmettertes Volksbegehren als Niederlage für die Demokratie sehen, aber das Gegenteil ist der Fall. Die Mehrheit konnte zum Ausdruck bringen „Lasst mich mit dem Blödsinn in Ruhe. Für solchen Mumpitz hab ich Leute gewählt die sich drum kümmern“. Und hier kommt der zweite Aspekt ins Spiel, das Systen muss sich aus direkten und representativen Elementen zusammensetzen. Wir können nicht alle ständig über alles mitentscheiden. Liquid Democracy ist vom Ansatz her zum Beispiel sehr interessant, auch wenn es da noch sehr viele offene Fragen gibt. Ich denke aber es lässt sich auch gut in Volksentscheide integrieren, indem die direkt Abstimmenden quasi gegen das Parlament abstimmen und je mehr mitmachen umso mehr Gewicht erhalten sie.
Ich werde mir aus aktuellem Anlass vielleicht wirklich nochmal genauere Gedanken machen, wie man ein schönes System für Volksentscheide bauen könnte, aber eins weiß ich schon jetzt: Ich will nicht in einem Staat leben, in dem aufgeklärte und friedliche Muslime diskriminiert werden, das Schweizer System ist für mich gescheitert.
63 Kommentare
2009-11-30 um 10:36 pm
Thomas
Wegen einer falschen/unglücklichen/rechtswidrigen/unbequemen Entscheidung? Unter dem Maßstab ist dann aber auch jeglicher Parlamentarismus und die Politik überhaupt gescheitert, denn es gibt wohl kein Parlament und keine Regierung, die nicht auch schon Fehler gemacht hätte. Ich glaube nicht, daß es irgendein System der Entscheidungsfindung gibt, das gegen falsches Handeln immun wäre.
2009-12-01 um 6:32 pm
freiheitskampf1984
Ich bin völlig der Meinung von Thomas. Ich bin selber Schweizer und auch nicht glücklich über das Abstimmungsresultat. Aber ich bin stolz im weltweit einzigen Land zu leben, in dem das Volk das Sagen hat.
Das Volk kann sich irren, das stimmt. Aber die Regierung irrt sich wohl viel häufiger. Als Halb-Deutscher wünsche ich allen Deutschen und der restlichen Welt, auch endlich in den Genuss der direkten Demokratie zu kommen.
2009-11-30 um 10:53 pm
Andi Zottmann
Danke für die klugen Gedanken, ein gelungener Beitrag.
Allerdings teile ich auch die Kritik, das man wegen einer Fehlentscheidung nicht gleich von einem scheitern des Systems als Ganzes sprechen sollte.
2009-11-30 um 11:12 pm
Annubis
interessant ein angeblicher pirat der für freie demokratie sich einsetzt finde es daneben was wir am WE abgestimmt haben. Ja für EU Bürger muss es befremdlich sein ein Land in der Nähe zu haben, dass noch wirklich dinge selbst entscheiden darf. Euch hat man ja den EURO, die EU, Die EU Verfassung und noch vieles mehr einfach Befohlen und ihr habt gekuscht und das akzeptiert.
also lieber piratennachbar – bevor du das nächste mal so nen mischt rauslässt – kümmere dich um dein land und eure Probleme und evtl dürft ihr auch mal was entscheiden und wenn es nur die automarke eures könig und königin der EU ist.
2009-12-01 um 5:29 pm
mrsbutter
Ich kann verstehen, dass du stolz darauf bist, dass du mitreden darfst.
Aber das, was passiert ist, beweist, dass auch euer System löchrig ist. Wenn du konstruktive Kritik an deinem Staat nicht ertragen kannst, frage ich mich, ob du eigentlich schon mal über deine eigene festgelegte Meinung hinausgeschaut hast und WEITERGEDACHT hast.
Tut mir leid, aber hier geht es nicht um mein Land dein Land, hier geht es einfach um einen Fehler, der unbestreitbar ist.
2009-12-02 um 11:15 pm
Edgar
[hier geht es einfach um einen Fehler, der unbestreitbar ist.]
ein unbestreitbarer fehler?
was wir hier in europa gerade erleben, ist ein lernprozess…und da schließe ich mich selbst mit ein…noch vor weniger jahren hätte ich sicher gegen diese minarett-initative gestimmt…heute weiß ich es besser! denn es geht natürlich nicht um ein dummes minarett, sondern um die frage ob wir den islam hier haben wollen…alle muslimischen kommilitonen, (egal ob aus nordafrika, dem nahen osten oder südostasien) mit denen ich gesprochen hatte, träumen von der scharia…du glaubst es nicht? frag doch einfach mal deine eigenen!
hast du darüber schon einmal „WEITERGEDACHT“ ?:
hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass wir die demokratie nur dank der trennung von staat und religion entwickeln konnten?
und hast du schon mal darüber nachgedacht, dass wir die trennung von staat und religion nur erkämpfen konnten, weil wir als christen die theologische freiheit dazu haben?
und hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass der islam am ende diese trennung von staat und religion in frage stellen wird…und damit, ganz nebenbei, unsere demokratie gefährdet?
oder was tust du, wenn eines tages eine demokratische mehrheit der wähler die scharia will?
die antwort ist „NEIN, wir wollen den islam hier nicht!“, und deswegen war die entscheidung der schweizer richtig…
2009-12-02 um 11:29 pm
sied0011
hmm…ich war nicht eingelogged…
2009-12-03 um 7:57 pm
mrsbutter
Schön und gut – aber eine Minarette zum Symbol des demokratischen Systems machen? Ich seh den Zusammenhang einfach nicht. Okay, viele wollen es, aber wie um alles in der Welt meinst du, würden sie die Sharia in unser System zwängen wollen? Was du machst, ist, jeden Muslimen abzustempeln!
2009-12-04 um 1:27 pm
sied0011
„wie um alles in der Welt meinst du, würden sie die Sharia in unser System zwängen wollen?“
heute sind in etwa 30-40%, der neugeborenen in deutschland, muslimischen glaubens…diese menschen werden sich in erster linie als muslime und erst in zweiter linie als deutsche/europäer fühlen…deswegen wird auch ihre loyalität in erster linie dem koran und nicht dem grundgesetz gelten…denn:
das grundgesetz spiegelt das christliche menschenbild wider, nicht das islamische…muslime werden vor eine zerreißprobe gestellt, denn einerseits müssen sie als gläubige muslime mohammed als die absolute moralische instanz ansehn (und mohammed lies z.b. ehebrecherinnen steinigen, was sich ja auch in der scharia finden), andererseits wird von ihnen erwartet, sich dem grundgesetz anzupassen…und es ist für uns doch völlig undenkbar, und eine selbstverständlichkeit, dass wir keine ehebrecherinnen steinigen…
übrigens, so eine „selbstverständlichkeit“ ist es nicht…es kommt uns nur so vor, weil wir seit 2000 jahren so erzogen werden (denn in moralischen fragen können wir menschen nicht logisch denken, oder wie erklärst du dir die 1mrd. menschen, die die scharia wollen?)
http://www.youtube.com/watch?v=6-3X5hIFXYU
2009-12-04 um 9:34 pm
mrsbutter
Also…puh.
Erstmal -> http://www.remid.de/grafik/religionen-mio-2008-09-06.jpg
Da können noch 30-40% Muslimische Babys zur Welt kommen, Sarrazin, du wirst in deinem Leben nicht mehr miterleben, dass die Muslime dadurch die Christen überrennen werden. Oh je.
Und wieso genau sollte ich einem Youtube-Propaganda-Video Beachtung schenken?
Und noch was:
Du bist also der Meinung, das Christen schon seit 2000 Jahren unglaublich moralische Menschen waren? Die keine Abertausende Menschen umgebracht haben, weil sie „Hexen“ waren. Da gabs keine Sharia, besser, es gab den „Hexenhammer“, kannst du ja mal was darüber lesen, da wären Menschen, die auf Grund von Muttermalen zu Tode verurteilt worden mit einer Steinigung glücklich gewesen.
Ganz im Gegenteil, in Persien und anderen muslimischen Ländern hat man vor 1000 Jahren Ärzte geehrt, die Christen haben sie verbrannt.
Und noch was: Siehst du einen Menschen, der in eine Religion hineingeboren wurde als ein eingesperrtes Wesen? Als jemanden, der sich nicht neu entdecken und SEINE EIGENE Meinung vertreten kann? Wieso sollten alle Muslime, die zur Welt kommen, die Sharia wollen? Mein Vater wählt die CDU, und weiß Gott, ich werd sie nicht wählen. Und falls du es noch nicht bemerkt hast, Religionen unterscheiden keine RASSEN, sondern nur DENKWEISEN und LEBENSFORMEN.
Wenn du das Christentum als so absolut moralisch findest, dann solltest du dich mal ein wenig informieren. Über das Mittelalter, über das, was vor 2000 Jahren war und über das, was noch immer ist!!
2009-12-05 um 10:23 pm
sied0011
liebes fräulein butter,
du scheinst mich nicht so ganz zu verstehn…also:
dein neo-relativismus ist ja wirklich abartig…was bitte hat der hexenhammer mit dem christentum zu tun? die scharia hat aber sehr viel mit dem islam zu tun!
„blablabla…[menschen] SEINE EIGENE Meinung vertreten kann?…blablabla“
eben nicht!!!
gegenfrage: die ganzen psychos die die scharia wollen, glaubst du die sind irgendwie dumm oder ungebildet oder haben irgendwie ein ’steinewerfer-gen‘ in sich?…sie sind nicht anders als wir, was uns unterscheidet ist nur die vorstellung von gott…man hat ja immer (jeder) ein gottesbild und aus diesem gottesbild leitet sich dann das menschenbild ab…
na schön, du bist also nicht meiner meinung, aber dann erklär mich doch bitte mal mit logik, warum du gegen die scharia bist?
immer mehr menschen in europa sehen diesen mohammed als ein leuchtendes beispiel, dem perfekten menschen dem man nacheifern sollte…findest du das nicht irgendwie besorgniserregend?
p.s.:
dein vater scheint ein vernünftiger mann zu sein 🙂
2009-12-12 um 11:27 am
mrsbutter
1. Zusammenfassung (Regest) von Hansen 1901:
Papst Innozenz VIII. ermächtigt die beiden in Deutschland tätigen Inquisitoren Heinrich Institoris und Jacob Sprenger, gegen die Zauberer und Hexen gerichtlich vorzugehen. Er erklärt den Widerstand, den dieselben seither in Kreisen von Klerikern und Laien bei dieser Tätigkeit gefunden haben, für unberechtigt, da diese Verbrecher tatsächlich unter die Kompetenz der Ketzerrichter gehören, und beauftragt den Bischof von Straßburg, die den Inquisitoren etwa entgegengesetzten Hindernisse durch die Verhängung kirchlicher Zensuren zu beseitigen.
2.
Der Hexenhammer (lat. Malleus Maleficarum) ist ein Buch, das der Dominikaner Heinrich Kramer (lat. Henricus Institoris) nach heutigem Forschungsstand im Jahre 1486 in Speyer veröffentlichte und das bis ins 17. Jahrhundert hinein in 29 Auflagen erschien.
[…]
Der Hexenhammer muss in engem Zusammenhang mit der sogenannten Hexenbulle des Papstes Innozenz VIII. vom 5. Dezember 1484 gesehen werden.
[…]
Kramer sammelt in seinem Buch weit verbreitete Ansichten über die Hexen und Zauberer. Im Hexenhammer werden die bestehenden Vorurteile übersichtlich präsentiert und mit einer vermeintlich wissenschaftlichen Argumentation begründet. Durch klare Regeln wird eine systematische Verfolgung und Vernichtung der vermeintlichen Hexen ermöglicht.
3.
Habe ich denn behauptet, sie wären anders als wir? Im Gegenteil, ich habe gesagt, dass das Christentum kein bisschen besser war/ist.
4.
„immer mehr menschen in europa sehen diesen mohammed als ein leuchtendes beispiel, dem perfekten menschen dem man nacheifern sollte…findest du das nicht irgendwie besorgniserregend?“
Tja, anscheinend haben sie kein Vertrauen mehr in Jesus und Abraham. Solls doch so sein. Jeder darf glauben, was er will. Aber das du nie verstehen wirst, dass
„MUSLIM =/= jemand, der andere Menschen mit Hilfe der Sharia vernichten will; jemand der sowieso alles vernichten will“
ist diese Diskussion sinnlos.
2009-11-30 um 11:16 pm
KollegeJansen
Ich sehe die Problematik schon in der Frage der Volksabstimmung. Sie spricht gegen die Grundrechte der Religionsfreiheit und ist deswegen einfach nur abscheulich. Und sogar in einer dirketen Demokratie kann es nicht sein das Grundrechtsverachtene Vorschläge vom Volk entschieden werden. Den wenn man Pech hat entscheidet dort eine Grundrechtsfeindliche Organisation mithilfe von Hetze.
2009-12-01 um 11:37 pm
Rechte Forderungen Blog
Es ist keine Einschränkung der Religionsfreiheit wenn symbolische Protzbauten im orientalischen Stil verboten werden. Das ist eh kein religiöses Symbol, sondern ein Machtsymbol.
Drehen wir es mal um: Was wäre wenn religiöse NS-Anhänger einen Tempel mit NS-Symbolik bauen möchten? Wäre das dann auch in Ordnung? Ich möchte nur mal sehen was los wäre, wenn Ásatrú ohne eindeutigen NS-Bezug sowas haben möchten. Oder wenn irgendwelche Indianer aus Südamerika eine Pyramide haben wollen, so eine auf der früher Menschen geopfert wurden? Gilt dann auch die Relionsfreiheit?
Das ist doch alles Quatsch. Religionsfreiheit soll den Einzelnen vor Verfolgung und Diskriminierung schützen, ein Recht auf Protzbauten gibt es nicht.
2009-12-03 um 8:02 pm
mrsbutter
Natürlich hat das Minarett einen religiösen Wert, von da aus ruft man die Gläubigen zum Gebet auf.
Und seit wann sind Parteien Religionen?
2009-12-07 um 11:27 pm
Rechte Forderungen Blog
Es ist ein Machtsymbol, Gläubige kann man auch per SMS rufen. Und warum sollten Religionen bevorzugt werden, wenn es darum geht den öffentlichen Raum zu prägen? Ausserdem gibt es germanische Mythologie und man kann ja jede Art von „Religion“ gründen, siehe Scientology.
2009-11-30 um 11:16 pm
Angrod
Nun, mal abgesehen von der Minarettinitiative, welche ja rundherum als fremdenfeindlich bezeichnet wird, laut Umfragen aber auch in Deutschland angenommen würde, was gibt es genau an der direkten Demokratie auszusetzen?
Unser Stimmvolk hat nun endlich wiedermal gezeigt, dass wir nicht immer nur sozial sein können, sondern dass wir auch mal NEIN zu irgendetwas sagen können. Zudem war das Argument „wir dürfen dort auch nicht, also dürfen die bei uns auch nicht“ nie wirklich ernsthaft in Diskussionen zu finden. Wenn doch, tut mir derjenige, der ein solches Argument bringt, leid.
Dies aber nur so am Rande.
Klar kann es, wenn man 100 000 Personen zusammenbringt, zu sinnlosen Initiativen kommen. Jedoch werden diese bei Abstimmungen nie durchkommen. Du behauptest, dass die Initianten von der Wahlfaulheit profitieren, die bei uns in der Schweiz herrscht. Nun, das kann sein, aber lässt sich nicht ändern.
Jeder schweizer Bürger welcher Volljährig ist, hat das Stimmrecht. Wer nicht abstimmen will, muss nicht, sollte sich danach aber auch nicht beschweren, wenn ein Entscheid gefällt wurde. Dies ist das Prinzip von unserer Demokratie: Jeder hat die Möglichkeit, seine Stimme abzugeben, oder eben auch nicht.
Klar haben wir Leute gewählt, die ein paar Entscheidungen für uns treffen sollen. Aber durch die direkte Demokratie haben wir Normalbürger die Möglichkeit, dass wir bei Themen die uns mehr oder weniger direkt betreffen, auch noch unsere Meinung kund zu tun.
Und seien wir doch ehrlich: bei jeder Abstimmung gibt es Gewinner und Verlierer. Die Verlierer sprechen meistens von einer Niederlage der Demokratie und die Gewinner von einem Sieg derselben. Dabei ist der Sieg doch schon nur der, dass wir diese Demokratie haben und dass das Volk in unserem Land ein direktes Mitbestimmungsrecht hat.
Zeig mir ein Demokratisches System, welches angewendet wird und fehlerlos funktioniert. Ich bin mir sicher, dass du keins finden wirst, denn solange es verschiedene Meinungen gibt, wird es auch immer Gewinner oder Verlierer geben. Und solange es Verlierer gibt, wird es irgendwelche geben, die behaupten, dass etwas falsch gelaufen ist.
2009-12-03 um 11:37 am
moeffju
Das Argument „wir dürfen dort nicht, also dürfen die hier auch nicht“ bringt übrigens kein anderer als Broder: http://www.morgenpost.de/politik/article1215747/Einer-muss-den-Anfang-machen.html
Ob das jetzt für oder gegen das Argument spricht, mag jeder für sich entscheiden 😉
2009-11-30 um 11:24 pm
Angrod
Lieber Kollegejansen
Auch du scheinst zu denen zu gehören, die nicht verstehen wollen worum es bei der Minarettinitiative ging. Nicht um die Religion. Nicht darum, eine Religion unterdrücken zu wollen. Sondern eine Ablehnung von religiösen Machtsymbolen.
Die Religion von den Muslimen wird dadurch kein bisschen angegriffen.
Ich persönlich wäre sogar für eine Kirchturminitiative, welche den Bau neuer Kirchtürme verbietet. Aber zum Thema Minarettinitiative lass ich dich gerne erst meinen Blogeintrag lesen ich mag das nicht schon wieder breittreten. Zudem gibts dort dann auch noch weiterführende Links auf andere Meinungen.
2009-11-30 um 11:36 pm
Harald Milz
„.. das System muss voraussetzen, dass ein Volksentscheid das nötige Interesse einer entsprechenden Menge von Bürgern voraussetzt“, ja, aber das reicht noch nicht. Das genau kannst Du eben nicht voraussetzen. Damit ein basisdemokratisches System hinreichend weise Entscheidungen hervorbringt müssen die Bürger auch hinreichend kompetent sein, sonst ist das System extrem anfällig gegen Populisten und Verführer. Die Macher des GG haben plebiszitäre Elemente nach der leidigen Erfahrung mit dem Dritten Reich nicht ganz umsonst außen vor gelassen. Lobbyismus hin oder her – ich fühle mich damit weniger unkomfortabel als mit Goebbels & Co.
Liquid Democracy ist eine tolle Idee, scheitert aber für mich in der Praxis an der Unmündigkeit / am Desinteresse vieler (Pro7 / Sat.1 / RTL) Bürger. Wie Du sagst: Auf den Mix kommt’s an. Nur – wer baut den, und wie?
2009-12-01 um 12:23 am
Stephan Eisvogel
Harald, natürlich müsste verhindert werden, dass Meinungsführer zu Verführern werden. Allerdings frage ich dich, wo bitte vor und im 3. Reich das Volk noch grosse Entscheidungsbefugnisse hatte?
Ich habe mich gerade gefragt, was wohl Faktoren für den Erhalt eines hübschen direktdemokratischen Systems wären: Ein Wohlstandsminimalniveau (Essen, Dach über dem Kopf, freie Angebote und Zugänge zu Bildung als Chancenmaschine und Sprungbrett), garantiert unzensierte Medien und Kommunikationsnetze (fingierte Überfälle auf Polen hätten als Regierungspropaganda keine Chance), brutalstmögliche Transparenz in den Staatsorganen („Sie wollen WAS in Dachau bauen? Ein KZ??!“) und übertragene Macht nur auf Zeit. Vielleicht noch ein „Wir, sind Europa“ oder ein „Wir, sind die Menschheit“ Gefühl? Jetzt ich übertreibe ich natürlich. Oder?
Ansonsten sehe ich für L.D. eher weniger Probleme, solange ich ein „Sticky Bit“ setzen kann: Solange, bis ich was anderes sage, ist Andi Popp mein Entscheider für Comic Fragen im Bund. Bei dieser Art von rückwärts aufgespannter, fakultativer Subsidiarität kann ich auch bei RTL GZSZ Fans keine wesentlichen Nachteile erkennen. Die Politik würde sicher einen Gutteil spannender da dynamischer. Sonderliche Gefahren, einem neuerlichen Göbbels auf den Leim zu gehen, sehe ich nicht. Denn auch heute schon gilt, dass der Preis unserer demokratischen Freiheit (und der unserer guten und geschätzten Nachbarn, hallo Schweizer) ewige Wachsamkeit gegen die Feinde dieser Freiheiten ist. Mit L.D. und ohne.
2009-12-01 um 1:07 am
Stephan Eisvogel
Es sollte natürlich korrekt heissen „fingierte Überfälle AUS Polen“. Viele Deutsche dachten ja ernsthaft, es gäbe dauernd Übergriffe auf deutsche Gebiete durch Polen und die so geschürten Ressentiments wurden von der Propaganda genutzt, um den Überfall auf Polen zu rechtfertigen. Ich hoffe, Guido Knopp dreht sich jetzt nicht im Grabe um.
2009-11-30 um 11:45 pm
Stephan Eisvogel
Ich frage mich gerade, ob ich der letzte bin, der dein Blog liest, oder ob die Mitleser einfach keine Musse auf Kommentare haben. Hallo ist da jemand? (schmunzelt)
Also du schüttest in diesem Beitrag das Kind mit dem Bade aus. Wenn sich mehr Schweizer für Minarette interessiert hätten, hätten die Gegner keine Chance gehabt und das Verbot wäre abgeschmettert worden. Aber so ist es ein Votum, das vielleicht zufällig von deiner Meinung über Minarette abweicht, aber technisch vollkommen in Ordnung ist. Denn laut Votum war eine notwendige Mehrheit für ein Verbot. Das System ist deswegen nicht kaputt und auch nicht gescheitert. Wie hättest du argumentiert, wenn das Ergebnis des Votums mit deiner Meinung übereingestimmt hätte? Wäre dein Artikel dann auch so entstanden? Da stimmt doch was in der Argumentation nicht.
Gäbe es, wie von Sigmar Gabriel favorisiert, tatsächlich Bürgerentscheide auf Bundesebene hier in Deutschland, wären sicher auch nicht alle Entscheidungen in meinem oder deinem Sinne. So what? Ich bin persönlich bereit, in der Anfangsphase ein oder zwei Dutzend schräge oder törrichte Entscheidungen des Volkes mitzutragen. Da weiss dann wenigstens jeder, warum es ist wie es ist: Das Volk entschied. Nicht eine Lobby und nicht ein überaus mittelmässiger Minister mit seinem Staatssekretär. Schlaf ich trotzdem sofort doppelt so gut!
Natürlich muss man an dem Verfahren arbeiten. Warum nicht über Liquid Democracy nachdenken, da bin ich voll dafür. Und wenn man die Abrissbirne schon in der Hand hat, warum nicht gleich die Zweitstimmen abschaffen? Kein Rückhalt im Wahlkreis, Ende der Politikkarriere, so einfach ist das. Allerdings ist der Brocken so derart gross, dass ich erwarten würde, nur alle paar 100 Jahre sitzt man mal an einem Tisch, an dem solche Optionen zu ziehen wirklich ernsthaft in Erwägung gezogen werden könnte. 1848. 1949. 2050?
Ansonsten würde ich mich in der Sache als brutal-liberalen und eher aggressiven Atheisten einschätzen. Minarette? Nein. Kirchengebimmel? Nein. Kreuz in Klassenzimmer und staatlich bezahlte Religionslehrer? Gott bewahre. Nein. Konkordatslehrstühle und staatlich subventionierte Kirchenfunktionäre wie Bischöfe? NEIN. Nun will kein Atheist Kirchen abreissen, die stehen halt schon da. Und dein Recht auf Religion ist auch mir heilig, solange die Sache auf gleiche Stufe wie ein Sportverein gestellt würde. Dann können von mir aus auch die Glocken weiter läuten. Ich kann dir aber versichern, wir Atheisten feiern deswegen nicht. Denn bei uns macht es keinen Unterschied, ob du an Jahwe, Allah, Wotan oder an Zeus glaubst. Zu unser aller großem Unglück bleibt leider keine Religion gerne privat, sondern beständig trachtet sie wie ein Virus nach mehr Einfluss in Staat und Gesellschaft. Gestern noch segneten sie Hitlers Truppen, heute taufen sie deinen Sohn, morgen segnen sie Monsantos Monopol-Wundermais.
Wenn du dich mal umsiehst, dann fehlt uns in Deutschland ja immer noch eine gehaltvolle Integrationsdebatte über und mit den ganzen Menschen, die in unser Land gekommen sind und keine Deutsche per se sind. Religionen dagegen sind intrinsisch das Gegenteil nämlich Separatoren, denn sie schliessen Andersdenkende aus. Auf diesem Nährboden bilden sich dann prompt gar unschöne und gar oft demokratiefeindliche Gewächse. Also in der von mir erhofften Version einer schöneren Welt für unserer aller Kinder kommt Religion nicht vor.
Die grosse Preisfrage lautet jetzt: Sind die Piraten willens, ein so großes Fass aufzumachen? Immerhin sind bereits 25% aller Deutschen Atheisten, sofern die Zahlen auf Wikipedia stimmen. Ich würde mir wünschen, sie wären es.
2009-11-30 um 11:48 pm
Harald Milz
@Angrod Dein Satz „Sondern eine Ablehnung von religiösen Machtsymbolen.“ unterstellt, dass es sich bei Minaretten überhaupt um Machtsymbole handelt. Das ist für mich ebenso unbewiesen wie dass es sich bei Kirchtürmen um solche handeln würde. Ich wüßte auch nicht, dass das von irgendjemandem behauptet würde, auch nicht von Islamisten. Dein Beitrag übernimmt damit die Argumentation der SVP – und nebenbei der REPs, die im BTW09 auch damit Werbung a.k.a. Dummenfang betrieben haben. Damit komme ich gleich zu Andi P’s Punkt – der Schwachpunkt der direkten Demokratie ist, dass sie gegenüber Populisten und Verführern extrem anfällig ist. Siehe meinen vorigen Beitrag. Das ist glaube ich noch nicht hinreichend verstanden worden.
Überhaupt: Es geht nicht darum, das schweizer System der direkten Demokratie zu kritisieren – m.E. reagieren die schweizer Kommentatoren hier etwas dünnhäutig. So wie Ihr Euer System mit gutem Recht befürwortet, dürfen andere es für sich in bestimmten Situationen auch ablehnen. Es geht darum, die Gefahren eines solchen Systems aufzuzeigen. Ihr könnt das persönlich nehmen, müsst es aber nicht. Mal sehen, welche Sau die SVP als nächstes durchs Dorf treibt.
2009-11-30 um 11:52 pm
Harald Milz
@Stephan Eisvogel Herr Gabriel kann seine persönliche Meinung zu Volksentscheiden gerne öffentlich kundtun. Er weiß genau, dass das eine Grundgesetzänderung voraussetzen würde, die im Moment völlig außer Diskussion steht und nicht durchsetzbar wäre. Da kann er das gut fordern, weil es ihn nichts kostet, aber vielleicht ein paar Bürger verunsichert, die Piraten zu wählen. Also immer hübsch aufpassen, aus welcher Richtung der Applaus kommt – manchmal kann er auch vergiftet sein.
2009-12-01 um 12:45 am
Stephan Eisvogel
Scharfe Worte gegen Herrn Gabriel, das lese ich wohl. Und dennoch: Auch wenn ich Pirat bin und als Nicht-Jurist allenfalls, aber durchaus, erahne, dass Volksentscheide auf Bundesebene diverser legislativer Anstrengungen bedürften, gedenke ich Herrn Gabriel nach seinen letzten Auftritten die faire Chance einzuräumen, den er in meinen Augen als neuer Parteivorsitzender verdient. Ich meinte bei seinem Auftritt in Dresden neulich Bescheidenheit, Redlichkeit, Vernunft und ein gewisses Mass an Sozialromantik wieder zu erkennen. Wenn er so bleibt, erhält er auch von mir Applaus. Scharf kontrastiere ich dies zu Männern wie Peter Struck, denen Fraktionsraison offenbar wichtiger war, als ein kritischer Dialog anlässlich der größten ePetition seit Bestehen der Republik. Natürlich muss sich die Piratenpartei um das eigene Profil mühen und natürlich würde JEDE Partei unsere 2% gerne in sich aufsaugen, indem sie unsere Ziele usurpieren. Ich meine, die Phasentrennung unserer Partei zu den anderen bleibt zwar eine Aufgabe, aber eine gut lösbare. Egal wieviele Vorschusslorbeeren ich für Herrn Gabriel übrig habe.
2009-12-01 um 12:06 am
Benjamin Stöcker
Der Blogpost gefällt mir persönlich jetzt schon weit mehr als der von Aaron König 😉
Ich persönlich sehe das Schweizerische System jetzt nicht sofort als gescheitert an. Fehlerhafte Entscheidungen gibt es in jeder Staatsform, oder zumindest Entscheidungen die der Kritik würdig sind.
2009-12-01 um 6:41 am
Jan G.
Ich muss erstmal den blogeintrag und die qualifizierten Kommentare loben, das macht spaß zu lesen.
Ich finde wir sollten dieses System nicht deshalb als gescheitert ansehen, nur weil wir mit einer dabei getroffenen entscheidung unzufrieden sind.
Es ist stattdessen zu überlegen, wie man mehr Bürger dazu bringen kann, sich an diesen abstimmungen zu beteiligen. Anreize schaffen? Oder muss es Wege geben, verfAssungsfeindliche Initiativen gar nicht erst zu gestatten? Oder vielleicht doch mehr entscheidungsdelegation über z. B. Liquid democracy?
Ich entschuldige mich für Großschreibungsfehler, aber mit dem iPhoneist das Net so einfach…
2009-12-01 um 7:53 am
Heiko Müller
Die Schattenseiten erweisen sich bei näherem Betrachten als die Notwendigkeit der Bürger, sich in direkten Demokratien für ihre rechte einzusetzen. Gerade uns als Piraten sollte bewusst sein, dass eine Demokratie keine Hängematte ist, in der sich ihre Bürger unbesorgt zurücklehnen können, um von Gesetzen gesichert ihrem Tagwerk nachzugehen. Dies ist ein utopischer Idealzustand, der in einer von Individualismus und Ellenbogenmentalität geprägten Welt täglich ad absurdum geführt wird.
Die Pro-Minarett-Fraktion hätte vor der Wahl die Bevölkerung über die Notwendigkeit und Bedeutung von Minaretten aufklären müssen, anstatt nach der Wahl die Xenophobie-Karte auszuspielen, um diejenigen zu diskreditieren, die in einer freien Wahl ihre Meinung kundgetan haben. Daraus gleich noch eine Schwäche der direkten Demokratie herzuleiten, halte ich für argumentativ nicht haltbar.
Die Schwäche der muslimischen Causa lag unter anderem darin begründet, dass sie der Schweizer Bevölkerung nicht die Notwendigkeit von Minaretten vermitteln können. Eines der Hauptargumente gegen die Minarette war unter anderem die Vorstellung, dass die touristisch attraktive „Zuckerbäckerarchitektur“ der Schweiz von Betonpenissen durchbrochen wird, welche als phallokratischer Machtanspruch der islamischen Welt gedeutet wurden und damit auch sinnbildlich für die Unterdrückung der Frauen im Islam stehen. Gerade in religiösen Fragen muss man sich der Symbolik bewusst werden.
Wie hoch der xenophobe Anteil bei den Nein-Stimmen gewesen ist, kann ich nicht beurteilen. Allerdings habe ich die Schweizer bis heute nicht als xenophobes Volk erlebt (ausser vielleicht gegenüber den Deutschen 😉 ), sondern eher im Gegenteil als aufgeschlossenes Volk, dass es vielen Flüchtlingen in der Welt ermöglicht hat, nach dem 2. Weltkrieg ein neues Zuhause zu finden. So findet sich zB. das einzige tibetanische Kloster Europas passender Weise in den Schweizer Bergen. Religion braucht keine Minarette.
2009-12-01 um 8:36 am
Nikita Bondarev
„Scheiß Schweizer! Zuerst Steueroase – nun Nazi-Paradies!“ – Ein ironischer Artikel zu diesem Thema – http://freidemzen.wordpress.com/2009/11/29/scheis-schweizer-zuerst-steueroase-%E2%80%93-nun-nazi-paradies/
http://freidemzen.wordpress.com/
Genau, wir alle dachten zwar waren zwei Antwortmöglichkeiten erlaubt, aber eigentlich war doch nur eine gestattet – „Für den Minarettbau heißt: aufgeschlossen, aufgeklärt, intelligent; gegen ebendiesen heißt nun mal: intolerant, rechtsextrem, faschistisch! Da kann man ja eigentlich nicht so viel falsch machen! Macht das Kreuzchen, wo es hingehört und alle sind glücklich!“
ansonsten wird diffamiert und kräftig mit der braunen Keule geschwungen – so funktioniert Demokratie – aber irgendwie stinkt Demokratie ja!
Toll, dass auch noch alle wissen wieso genau die Schweizer sich so entschieden haben. Und zwar aus den falschen Gründen…
Ich rufe auf die Wahlen dann einfach abzuschaffen, so wird immer richtig entschiden! 🙂
Nikita Bondarev
2009-12-01 um 9:44 am
Thor's Hammer
Der Zentralratsvorsitzende des Zentralrat der Ex-Muslime Mina Ahadi bringt es auf den Punkt: „Das Nein zu Minaretten ist eigentlich ein Signal gegen Islamismus, Scharia und Kopftuchzwang. Das Minarett steht da nur als Symbol für eine begründete Furcht vor dem politischen Islam“! „Es sei gut, dass die Schweizer Bürger in diese Entwicklung eingegriffen haben und deutlich Nein gesagt hätten.“ „Wenn diese Initiative eine Dynamik in anderen europäischen Ländern auslösen sollte – und die Gefahr besteht -, dann werden die Muslime am Ende in Europa keinen Platz mehr haben“, kommentierte die Kölner Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur. (In Memoriam 10. Oktober 732: Karl Martell und seine „Francisca“.)
Schaut man sich den real existierenden Islam in Deutschland an, so ist das Vorhandensein und das stetige Wachstum einer islamischen Parallelgesellschaft nicht von der Hand zuweisen. Die Aussage, die Religion Islam sein nicht mit Islamismus gleichzusetzen, ist zumindest sehr zweifelhaft. Islamisten vertreten im Grunde die Ansicht, dass der Islam als ganzheitliche Religion, sowohl soziale, juristische, politische und wirtschaftliche Dimensionen beinhaltet, und damit einzige Quelle für ein politisches System sein kann, ja sogar muss! Seit Abdullah Azzam, einem palästinensischen Theologen, geht es den radikalen Islamisten darum, den Dschihad als bewaffneten Kampf der Muslime gegen alle Ungläubigen, also alle Nichtmuslime/a zu verstehen.
So gibt es auch in Deutschland seit vielen Jahren eine deutliche Diskrepanz zwischen der „veröffentlichten“ Meinung und der „öffentlichen“ Meinung über Islam und Islamismus! Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, vertritt dabei die Meinung, dass über ein Grundrecht wie die Religionsfreiheit, nicht abgestimmt werden darf.
In Deutschland ist eine Verfassungsänderung grundsätzlich aber zulässig. Die Ewigkeitsgarantie des Artikel 79 Abs. 3 GG schützt unmittelbar nur den Artikel 1 des Grundgesetzes vor Änderungen. Die weiteren Grundrechte sind im Prinzip für eine demokratische Regierungsform unerlässlich, jedoch in ihrer Ausgestaltung abänderbar. Das gilt somit auch für die Religionsfreiheit! In einer Gemeinschaft, wie sie in einem Staat naturgemäß besteht, würde aber eine freie, uneingeschränkte Berufung auf Grundrechte dazu führen, dass diese sich ständig gegenseitig behindern, da sie sich in ihren Zielen voneinander unterscheiden. Beschränkungen zur Vermeidung von „Grundrechtekollision “ sind daher zwingend notwendig.
Denkbares Beispiel: Grundrechtsmissbrauch (Artikel 18 GG) – Wenn die Grundrechte (hier Religionsfreiheit) zum Kampf (z.B. Islamismus / Dschihad) gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung Deutschlands verwendet werden, können sie aberkannt werden („sie sind verwirkt”). Diese Verwirkung kann aber ausschließlich durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen werden.
Die Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher, Professorin und Leiterin des Instituts für Islamfragen der Evangelischen Allianz in Bonn führte in einem dpa-Gespräch am 06.02.2006 aus:“Der Islam selbst kenne aber kein gleichberechtigtes Nebeneinander von Moslems und Angehörigen anderer Religionen. In den arabischen Ländern sei auch das Prinzip der westlichen Pressefreiheit kaum nachzuvollziehen, denn in diesen Ländern gebe es keine Pressefreiheit.“
In meiner persönlichen Bewertung ist aber Meinungs- und Pressefreiheit ein höheres Rechtsgut als Religionsfreiheit. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Pressefreiheit in Europa in Frage gestellt wird. (Hinweis: 30. September 2005 Dänemark – Mohammend-Karikaturen in Jyllands-Posten) http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Gesicht_Mohammeds
Es gilt also nicht nur auf die Minarette zu starren, sondern insgesamt genau hinzusehen, die Islamisten wollen erreichen, dass der Islam auch in Europa unangreifbar wird. „Das aber führt zu einer moslemischen Leitkultur.“ Die Schweizer wollen sie, mit Recht, offenbar nicht! Es ist immer wieder Interessant zu beobachten, wie Intolerante von anderen Toleranz fordern.
Aber, auch das muss klar gesagt werden, haben und nehmen auch die etablierten Religionen zu viel Einfluss auf den Staat. Bei der weltweiten Vielfalt von Religionen können diese nur eins sein, Privatsache! Nicht mehr und Nicht weniger. Ein Absolutheitsanspruch, nur „wir“ besitzen die Rechte an „Gott“, steht keiner religiösen Richtung zu.
Und wer, außer den Schweizern selbst hat zu entscheiden welche Staatsform sie haben will, ich bewerte die Form der Schweizer Demokratie höher als die Demokratie in Deutschland, denn diese verkommt zunehmend zur Plutokratie!
2009-12-01 um 9:51 am
Harsche Kritik zu Aaron Koenigs Blogartikel
[…] Differenzierter und vor allem inhaltsreicher äussert sich nodemaster zum Schweizer Thema und die Diskussion in Andis Blog zu Fragen der direkten Demokratie. Ich schätze mal, diese Geschichte wird noch ein bischen mehr […]
2009-12-01 um 10:33 am
Blograuschen und Andi Popp über direkte Demokratie – Orkpiraten
[…] ich in einem der Trackbacks auch schöne Dinge, wie zum Beispiel Andi Popps Beitrag zu den Schattenseiten der Direkten Demokratie. Das ist der Beitrag zu dem Minarett-Entscheid den ich mir von Aaron gewünscht hätte — Andi […]
2009-12-01 um 12:53 pm
SchwarzerPirat
Andi, die Auge-um-Auge Rhetorik passt mir auch nicht. Da gebe ich dir Recht. Aber zu einigen Punkten muss ich doch Stellung nehmen:
1. Volksentscheide – eine Schhizophrenie in der Politik:
Volksentscheide sind solange ok wie sie dem politischen Establishment der „Gutmenschen“ in den Kram passen und den Wählern politische Mitbestimmung vorgaukelt. Sobald das Volk seine wahren – aber unerwünschten – Ansichten äußert, werden Volksentscheide kritisiert und die Gefahren mit der Weimarer Demokratie und dem 3. Reich argumentiert. Anstatt den Wähler als Stimmvieh zu beschimpfen, sollten sich die Politiker lieber um die Ängste ihres Souveräns kümmern. Nach meiner Einschätzung sind Volksentscheide nicht gescheitert.
@Andi: Das ist Toleranz; andere Mehrheiten und politische Ansichten zu akzeptieren, die einem persönlich nicht passen.
2. Religionsfreiheit – und wo bleibt die Mehrheit: Hier wird immer über die Religionsfreiheit einer „Minderheit“ diskutiert. Was ist eigentlich mit der Religionsfreiheit der Mehrheit? Muss ich mir ein Minarett in meiner Nachbarschaft und sonstige religiöse Symbole bieten lassen? Kann denn ein Muslim seine Religion nicht frei in einem Gotteshaus ohne Minarett ausüben? Grundrechte sind Freiheiten – auch für die Mehrheit.
Einerseits montiert man die Kruzifixe in den Klassenzimmern ab, andererseits lässt man Muslime ihre Minarette bauen. Erneut schizophrenes Gutmenschentum in vorauseilendem Gehorsam, um dem Zentralrat der Juden und den Islam-Verbänden nicht die böse Nazi-Verbalkeule in die Hand zu geben.
Vor allem, aber nicht nur, @Andi: Wenn Sachen zu weit gehen, muss dann nicht einfach mal „nein“ sagen dürfen? Ist man deswegen gleich ausländerfeindlich oder intolerant? Es muss einen fairen Ausgleich zwischen den Grundrechten der Mehrheit und einer Minderheit geben.
3. Quorum in der Schweiz – Echte oder keine Mehrheit: 100.000 Wahlberechtigte klingen nicht nach sehr viel entsprechen aber grob 2% der Wahlberechtigten in der Schweiz (das ist mehr als das Wahlergebnis der PP zur BTW09 in D). Die Wahlbeteiligung lag über 50%; gleichzeitig wurde nicht nur eine Mehrheit der stimmen sondern auch deutlich bei den Kantonen erreicht. Es sind nicht nur einzelne Agitatoren oder Kantone in der Schweiz. Eine doppelte Mehrheit hat bei einer Wahlbeteiligung von über 50% für das Verbot gestimmt.
@Andi: 32%?, netter Rechentrick um die Legitimität des Ergebnisses in Zweifel zu ziehen.
4. Piratenpartei und „Macht von Minderheiten“: Ich finde es sehr interessant, dass Andi vor Hetze und Panikmache in der Politik warnt und vor gut orangisierten Minderheiten. Da fällt mir direkt die Piratenpartei ein, die unablässig gegen politisch andere mit persönlicher Verunglimpfung hetzt (ZENSURSULA, Stasi 2.0 mit dem Schäuble-Konterfei etc.) und mit dem Überwachungsstaat Panik macht (siehe u.a. Sägeblatt-Video auf YouTube). Können wir nur hoffen, dass sich hier die Weisheit der Masse gegen eine kleine gut organisierte Gruppe durchsetzt, die ihren Verfolgungswahn in der Gesellschaft verbreiten will.
2009-12-01 um 5:00 pm
Harald Milz
@SchwarzerPirat Auf die Gefahr hin, besserwisserisch zu wirken: „Das ist Toleranz; andere Mehrheiten und politische Ansichten zu akzeptieren, die einem persönlich nicht passen.“ stimmt so nicht. „Toleranz“ bedeutet, ich lasse den anderen machen, so lange er mir nicht auf die Nerven geht. „Akzeptieren“ bedeutet, ich mache mir den Standpunkt des anderen zu eigen; das ist was ganz anderes. Hier kann es nur um Toleranz gehen, denn ich werde sicher nicht zum Islam konvertieren.
„Einerseits montiert man die Kruzifixe in den Klassenzimmern ab, andererseits lässt man Muslime ihre Minarette bauen.“ Das ist wie so häufig ein Vergleich, der hinkt. Die erste Gruppe „man“ ist sicher nicht deckungsgleich wie die zweite Gruppe „man“. Das Argument passt so nicht.
Und – wo wurden denn Kruzifixe abmontiert? Just curious. In Bayern jedenfalls net.
2009-12-01 um 6:38 pm
NDM
Sehe ich ähnlich. Tolerieren bedeutet Dulden. Man kann, nein man muss diesen Entscheid zwangsweise dulden, vorläufig. Das bedeutet jedoch nicht, dass man keine Anstrengungen unternimmt, ihn wieder aufzuheben.
Vielleicht sollten die Muslimischen Gemeinden einfach genau so reagieren, wie dieser werte Herr hier:
http://www.augsburger-allgemeine.de/Home/Nachrichten/Bayern/Artikel,-bischof-mixa-kreuz-urteil-ignorieren-121109-_arid,1985321_regid,2_puid,2_pageid,4289.html
Den Beschluss schlicht ignorieren – denn zumindest der Schweizer Beschluss lässt sich nur mit einem Austritt aus mehreren wichtigen internationalen Organisationen halten.
2009-12-01 um 6:54 pm
Hartung
Mein Kommentar zu dem Ganzen: http://freiesicht.wordpress.com/2009/11/30/minarettverbot-und-die-alten-dumpfen-reflexe/
Liebe Grüße aus Israel
Hartung
2009-12-01 um 7:58 pm
Christian
Dass die Weisheit der Vielen als Spiegelbild auch die Dummheit der Vielen mit sich bringt, kann man täglich im Fernsehen begutachten.
Das Volk kann eben auch irren und Mehrheitsbeschlüsse dürfen nicht dazu genutzt werden fundamentale Rechte für Minderheiten einzuschränken.
Ansonsten erleben wir so etwas wie einen Protofaschismus. Dass ausgerechnet ein Spitzenfunktionär der Piratenpartei auf dieser Welle reitet, der auch nur durch seine Funktionärsposition überhaupt Publizität genießt, stimmt mich bedenklich.
Solange Aaron Koenig in der Piratenpartei eine herausgehobene Position bekleidet gilt: Pirates sucks.
2009-12-01 um 8:30 pm
hm
Guter Post – schwache Kommentare. Am schlimmsten finde ich immer den Ausdruck „Gutmensch“, für Leute, denen Toleranz wichtig ist. Gerne in Verbindung mit Das-muss-man-doch-sagen-dürfen-und-dabei-auch-mal-auf-den-Tisch-hauen-Rethorik.
Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass einige der Kommentatoren hier, sich auch gerne auf PI rumtreiben.
2009-12-01 um 10:09 pm
schwufti
„Schwämme“? Welche „Schwämme“?? Gar nicht gewusst, dass die Schwämme in der Schweiz offenbar so wild wachsen. 😉 Das Wort „Schwemme“ hat nichts mit einem Schwamm zu tun.
2009-12-01 um 10:29 pm
Guenther Troege
Religionsfreiheit weltweit das ist schon in Ordnung aber versuche doch einmal als Häuslebauer deine private Vorstellung von deinem Haus in die Praxis umzusetzen, wenn der Baustil nicht dem örtlichen allgemeinen Baustil entspricht. Der Bau würde nicht genehmigt werden, oder ist das nicht wahr?
2009-12-01 um 11:31 pm
Rechte Forderungen Blog
> Die freiheitlich denkenden schauen mit Bestürzung in unser südliches Nachbarland,
Nöö, die freuen sich, dass dem Islam und der antidemokratischen Elite die Masseneinwanderung und dabei totale Toleranz fordert etwas entgegen gesetzt wird.
Das Bauverbot von Minaretten ist in jeder Hinsicht gerechtfertigt. Der Islam ist nicht wie das Christentum, also sollte man ihn auch nicht gleich behandeln. Ausserdem ist die Masseneinwanderung nach Europa bei der Bevölkerung nicht erwünscht, und sie findet nunmal in Form von Mohammedanern statt, die sich zudem auch noch schlimm aufführen. Es ist grundsätzlich vollkommen legitim Zeichen dagegen zu setzen.
Es ist auch keine Einschränkung der Religionsfreiheit oder der Menschenrechte wenn eine religiöse Strömung keine Protzbauten mehr hinstellen darf. Letzlich braucht man gar keinen Grund um den Bau von repräsentativen Gebäuden bestimmter Gruppen zu verbieten, es ist einfach das gute und demokratische Recht der Bürger, die über die Gestaltung ihrer Stadt und ihres Landes bestimmen wollen.
http://liberalerechte.wordpress.com/2009/11/29/ein-sieg-fuer-freiheit-und-demokratie/
2009-12-02 um 2:50 am
harrygambler2009
Die Schweizer Demokratie mit dem Modell „direkte Demokratie“ funktioniert. Die Schweiz hatte weder eine Adolf Hitler, noch war sie am ersten oder zweiten Weltkrieg beteiligt, sie hatt auch keine Mauer quer durch ihr Land und keine Stasi. Die Schweiz ist nicht perfekt, man kann seinen Joint rauchen und Gras anbauen, man muss keine 19 % Mehrwertssteuer bezahlen, auch braucht das land Arbeitskräfte von außerhalb, und darunter sind unsere moselmischen Partner.
Nun stoßen zwei Welten aufeinander, und da gärt dann vieles, was man hätte verhindern können.
Die Schweizer fackeln keine Synagogen ab wie wir, sondern Moslems dürfen eine Mosche bauen. Das Minarett wurde nun von den „bestimmten Kräften“ gewählt als Hebelpunkt für „Volkstümlichkeit“. Nun liegt es an den schweizer Moselms clever zu reagieren. So könnte man an jeder Moschee ein ausfahrbares Minarett bauen, dass nur zum Freitagsgebet ausgefahren wird, und dann von Samstag bis Donnerstag nicht zu sehen ist. Lösungen sind immer einfach, man muss nur wollen.
Was früher unser Kirchturm war ist im Morgenland das Minarett gewesen, der Leuchturm für die Wanderer und Reisenden, und eben der Tonbandausruf zum Gebet heute bei den Moslems.
Alos müssen beide Gruppen aufeinander zu gehen und eine zeitgemäße Lösung suchen, das ausfahrbare Minarett. Und schon ist der Streit beendet, eben unter klugen Menschen.
Deshalb hat die direkte Demokratie nicht versagt, sie fordert nur die Politik und Religion auf, zeitgemäße Lösungen zu finden.
Harry Gambler
http://harrygambler2009.wordpress.com/
2009-12-02 um 5:43 pm
Andi
„Deshalb hat die direkte Demokratie nicht versagt, sie fordert nur die Politik und Religion auf, zeitgemäße Lösungen zu finden.“
Bin ich der einzige der in dieser Zeile einen Widerspruch liest? Wenn man Direkte Demokratie praktiziert, dann ist diese die Politik. Man muss mit Entscheidung immer Verantwortung verknüpfen.
2009-12-05 um 12:36 am
1000sunny
Hi Andi,
ich sehe da keinen Widerspruch. Die Politik ist doch, wie man zu einer Entscheidung kommt. Z.B. könnten die sich auf eine Konsenspolitik einigen, aktuell haben sie Mehrheitsentscheide, also Machtpolitik. Mehrheitsentscheide haben den Nachteil, dass sie schon vom Namen her dazu gemacht sind Minderheiten niederzubügeln. Die Schweizer haben hier ein schönes Beispiel fürs Lehrbuch geliefert, aber in Deutschland passiert das auch jeden Tag.
Und jetzt kommen wir zum zweiten Teil, nämlich die Leute die das entscheiden – oder besser deren Anzahl. In einer direkten Demokratie ist der Entscheidungskörper recht umfangreich, während er bei uns aus ein nur wenigen Leuten besteht.
Zusätzlich ist das Wort Demokratie sehr umstritten (aber das kannst Du ja selber bei Derrida, Rawls, Nozick usw. durchlesen) – das was wir haben ist (soweit ich das verstanden habe) überhaupt keine Demokratie (mal abgesehen davon, dass wir sowieso eine Republik sind)…
Das Problem haben wir ja seit Monaten in der BAG Bildung. Da sollen Minderheiten eliminiert werden, dann wieder ein Konsens angestrebt werden und dann spalten sich alle auf in Teile bei denen man (hoffentlich) leichter durchregieren kann.
Wir wissen eben noch nicht, wo die Reise hingeht (oder die Demokratie).
Was mir aber scheint, ist dass eine direkte Demokratie am besten geeignet ist um sich auf den reaktionärsten Nenner zu einigen. Dafür benötigt es am wenigsten Bildung und Ängste sind leichter zu aktivieren als Verstehen.
Unschoolige Grüße
1000Sunny
2009-12-02 um 7:31 am
Karl Eduard
Ja, Volksherrschaft ist von Übel. Politiker, die weisesten der Weisen, die wissen, was dem Volke frommt.
2009-12-02 um 10:20 am
Christian
@ Harry Gambler
Die Rolle der Schweiz im zweiten Weltkrieg ist durchaus ambivalent. Das reicht von Wirtschaftszuarbeit für die Nazis bis hin zu Stempeln in den Pässen von Juden, die sich die Schweizer ausbedungen haben, um eine Abschiebung zu erleichtern.
Das ist aber eher Geschichte, als das man es den heute lebenden Schweizern in irgendeiner Weise vorwerfen könnte.
Zum Fall hier ist zu sagen, dass eine pragmatische Anpassung den Grundrechtsverstoß kaum heilt.
Zu den Grundrechten gehört auch die Religionsfreiheit. Und zu den Grundwerten einer modernen Demokratie gehört auch ein ausgeprägter Minderheitsschutz, damit die Minderheit nicht durch Mehrheitsentscheidungen Repressionen ausgesetzt wird.
Ich würde mal sagen, die Schweizer haben ein großes Problem und sollten ihr Modell der direkten Demokratie überprüfen, damit es nicht noch mehr aus dem Ruder läuft.
Auch die Piratenpartei steht doch meines Wissens nach eher für liquid democracy als für uneingeschränkt direkte Demokratie.
2009-12-02 um 8:46 pm
Rechte Forderungen Blog
> Und zu den Grundwerten einer modernen Demokratie gehört auch ein ausgeprägter Minderheitsschutz
Sagt wer?
Verbindlich ist dieser Quatsch ja wohl hoffentlich nicht. Wer muss hier überhaupt vor was geschützt werden? Und welche Rechte hat eine Minderheit die eingewandert ist und sich zudem für etwas Besseres hält?
Zu den Grundwerten einer Demokratie gehört wohl eher das das Volk darüber bestimmt, nicht irgendeine selbsternannte Elite die gegen die gegen die Anderen hetzt und alles monopolisiert um ihre weltfremden Ansichten durchzusetzen. Beispielsweise durch Erfindungen wie „eine moderne Demokratie“ (die dann nach ihren Werten zu funktionieren hat, auch wenn sie die Mehrheit nicht teilt).
Ob man den Islam unbedingt schützen sollte ist auch ziemlich fraglich, warum nicht ebenso Scientology, den Kommunismus, und die Hiteristen? Es gibt nur drei Gründe warum der Islam besser behandelt wird: Angst, Unwissenheit, und der Nutzen für die Linken bei der Zerstörung Europas.
Es ist auch nicht einzusehen warum der Wunsch der Mohammedaner den öffentlichen Raum zu prägen wichtiger sein soll, als der Wunsch der Mehrheit auf diese Symbole islamischer Macht und Überfremdung zu verzichten, zumal die Einheimischen durch internationale Verträge und Hetze gezwungen wurden diese Migranten bei sich aufzunehmen, und es vollkommen klar ist das noch mehr kommen werden wenn man zu einladend ist.
2009-12-02 um 1:08 pm
Die Piraten spinnen oder das ausfahrbare Minarett « Harrygambler2009’s Blog
[…] sollte es sein, gerade wenn er in Deutschland Politik macht. So Andreas Popp auf seinem Blog „https://andipopp.wordpress.com/2009/11/30/die-schattenseiten-der-direkten-demokratie/“ doch wirklich die These der großen Parteien übernommen, „direkte Demokratie“ […]
2009-12-02 um 1:13 pm
harrygambler2009
Mien Blogbeitrag zu Minarettendiskussion und den geistig nicht so fit arbeitenden Piraten.
http://harrygambler2009.wordpress.com/2009/12/02/die-piraten-spinnen-oder-das-ausfahrbare-minarett/
2009-12-02 um 2:16 pm
Diskurs zum schweizer Minarettverbot
[…] Andipopp – zur direkten Demokratie […]
2009-12-02 um 2:19 pm
Peyer
„Ich will nicht in einem Staat leben, in dem aufgeklärte und friedliche Muslime diskriminiert werden, das Schweizer System ist für mich gescheitert.“ Dafür müsste man ja erst in einem Staat mit aufgeklärten Menschen leben, um diese dann wieder diskriminieren zu können, und dann in dem Staat nicht leben wollen zu können.
Aber allgemein: Das direktdemokratischen System hat Seiten, so wie das repräsentative auch: Welche davon Schatten- oder Sonnen- (oder im Falle der Schweiz Schokoladen-)Seiten sind, das liegt im Auge des Betrachters und bleibt diesem überlassen. Demokratie (Herrschaft der Mehrheit) tut immer dann weh, wenn die Mehrheit nicht meiner Meinung ist. Gruß.
2009-12-02 um 6:15 pm
Daniel
@Harald Milz/NDM: Ich muss SchwarzerPirat beipflichten: Toleranz bedeutet nicht, den anderen machen zu lassen, solang er mir nicht auf die Nerven geht. Das korrekte Wort dafür wäre „Gleichgültigkeit“. Und eine andere Meinung als die eigene zu akzeptieren bedeutet nicht, dass ich sie mir zu eigen mache.
Etwas anderes macht den Post hier etwas schwer verdaulich für mich, weshalb ich nicht in die Lobeshymnen meiner Vorkommentatoren einstimmen kann:
1. Eine ernst gemeinte, wenn auch sehr theoretische Frage: Kann eine demokratisch gefällte Entscheidung „falsch“ sein? Unabhängig davon, was ich selbst von diesem Votum halte: Ich denke, hier werden zwei Ebenen miteinander vermischt. Auf der einen Seite steht die Art der Entscheidungsfindung. Auf der anderen die Bewertung der Entscheidung.
Anders gefragt: Ist das Ergebnis der letzten Bundestagswahl „falsch“, weil es nicht meiner Wahlentscheidung entspricht? Und kann ich ausgehend von dieser Bewertung das gesamte Wahlsystem in Frage stellen?
2. Das ist schon konkreter: Zitat: „Ich kann als Freizeitpolitiker mit Tagesjob durchaus sagen, dass es mir schon schwer fällt bei allen Themen am Ball zu bleiben, die mich selbst interessieren.“ Das ist, denkt man es konsequent zu Ende, doch ein Musterargument gegen direkte Demokratie: Wenn interessierte Freizeitpolitiker schon nicht genug Zeit haben, sich mit den Themen auseinander zu setzen, wie sollen sich dann die berühmt-berüchtigten Otto Normalverbraucher und Lieschen Müller über solche anstehenden Entscheidungen informieren? Ist der Bürger damit nicht überfordert?
Vielleicht als Anmerkung: Ich habe sehr gute Erfahrungen mit direkter Demokratie in (unterschiedlichen) Kommunen gemacht. Ich denke, da funktioniert es sehr gut, da die Menschen an den Themen „nah dran“ sind.
2009-12-02 um 10:55 pm
Tom
In diesem Interview benennen Sie Gandi als Vorbild.
http://www.fassette.com/interview-andreas-popp-piratenpartei/
Darf man denn nicht gewaltlosen Widerstand gegen die Islamisierung praktizieren?
2009-12-03 um 10:30 am
R.P-
Widerlich wie sich einige Individuen anmaßen, über die Entscheidung eines ganzen Volkes zu urteilen und vor allem ÜBER das Volk zu urteilen. Diese ganze Gutmenschliche Dummlaberei von „Schattenseiten“ einer direkten Demokratie – ihr habt den SINN der DEMOKRATIE nicht verstanden – der WILLE des Volkes, und mit euren Blogs und Kommentaren gegen die Schweizer Entscheidung macht ihr euch selbst zu Diktatoren. Denkt mal darüber nach!
2009-12-04 um 9:14 am
feydbraybrook
Es kommt die Frage auf, ob der Sinn direkter Wahlverfahren wie dieser am Sinn der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie vorbeigeht. Das stärkste Argument für eine direkte Demokratie ist ja die Annahme, daß die Meinung des Volkes unverfälscht (also bspw. nicht über manipulierte Volksvertreter) in Machtausübung mündet. Jedoch verliert dieses Argument an Kraft, denn angesichts der billigen (teilweise volksverhetzenden) Agitation durch das peinliche Plakat der SVP sowie dem Flash-Spiel auf deren Website (bei dem man Minarette abschießen konnte) wird klar, daß Manipulation durch direkte Abstimmungsverfahren nicht ausgeschlossen ist. Im Gegenteil: die Kürze, in der solche Verfahren ablaufen, machen es möglich, im Wirbel kontroverser und unüberschaubarer Medienpräsenz solcher Themen mal schnell Meinung zu machen.
http://feydbraybrook.wordpress.com/2009/12/04/angst-essen-seele-auf-fatih-akin-sagt-teilnahme-an-premiere-in-der-schweiz-ab/
2009-12-04 um 5:52 pm
rizzitelli
Guter Artikel, danke. Als – aufgrund meiner Entscheidung bei der Abstimmung – offenbar xenophober Schweizer habe ich bei der Passage „Minderheiten können sich unversehens durchsetzen …“ leicht schmunzeln müssen: Bei welchem politischen System werden die Entscheidungen denn nicht von Minderheiten gefällt? Als einzige Alternative, die das Volk noch mehr an Entscheidungen teilhaben liesse, fällt mir einzig der Abstimmzwang ein. Doch kann man ein Volk dazu zwingen, sich zu informieren und zur Abstimmung zu gehen? Sie haben durchaus recht wenn Sie sagen, dass in der Schweiz ein mangelndes politisches Interesse vorherrscht. Wenn allerdings jemand nicht zur Abstimmung geht, so braucht er sich im Nachhinein auch nicht über den (vermeintlich) schlechten Ausgang der Abstimmung zu beschweren. – Denn das ist verpönt, selbst in der Schweiz 😉
2009-12-04 um 11:24 pm
genussdenker
Anhand Ihrer Aussagen vermute ich mal, dass Sie nicht wissen was der Initiative vorausging.
Urspünglich ging es um ein Baugesuch eines Minaretts. Die betreffnede Bevölkerung legte Einsprache ein aber die muslimische Gemeinde zog die Beschwerde durch alle juristischen Instanzen bis vor Bundesgericht. Dort gab man der muslimischen Gemeinde grünes Licht.
Diese Praxis ist für uns Schweizer ungewohnt und unüblich.
Denn religiöse Belange welche die Öffentlichkeit betrefen, liegen im Ermessen der Bevölkerung.
Und ein Minarett ist nun mal institutionell-religiös von öffentlichem Belang.
Der Islam ist bei Weitem nicht die erste Einschränkung welche eine Religion/Konfession hinnehmen muss. So haben wir mit Ausnahme auf Geflügel das Schächtverbot (seit über hundert Jahren und ebenfalls einst auf Initiative und in Verfassung) welches den jüdischen Gläubigen galt. Und zwar nicht als institutionell-religiöser Belang, sondern basal-religiös (privat, Nahrung).
Auch die Kirchen mussten sich schon einige Male dem Druck der Bevölkerung beugen. Sowohl die römisch-katholische als auch die reformierte.
Mit dem „Ja“ an der Urne sollte das umissverständliche Zeichen gesetzt werden, dass der Islam keine Sonderrolle erhalten soll.
Es verhält sich also eben nicht so, wie die Kritiker meinen! Ein „Nein“ an der Urne hätte bedeutet, das der Islam die einzige Religion ist, bei der die übliche Rechtsstaatlichkeit gebrochen würde!
Das auch der Grund, weshalb der GesetztesArtikel nun in der Verfassung festgelegt wird.
Direkte Demokratie ist eine paralleles demokratisches System. Auf der einen Seite die übliche Parteipolitik, auf der anderen der direkte Eingriff der Bevölkerung. Dabei hat Sachpolitik vor der Parteipolitik konsequenterweise stets Vorrang.
Was den öffentlichen Raum betrifft, so muss der sogenannte Souverän das Sagen haben. Ausnahmen gibt es nur bei sicherheitspolitischen Belangen. Aber dies macht nicht einmal vor dem Militär Halt. So nehmen wir uns auch das Recht, über militärische Belange direkt abzustimmen, und sei es sogar über deren Abschaffung (!).
Ein „Nein“ an der Urne hätte Konsequenzen gehabt. So wären „Glaubensfreiheit“ und „Religionsfreiheit“ durchmischt worden. Und es warten genug religiöse Gruppierungen, um sich in der Öffentlichkeit als Religion positionieren zu dürfen. Es warten die Kreatonisten es warten Sekten.
Glaubensfreiheit meint, das jeder Bürger gleich vor dem Gesetzt ist, dass niemand aufgrund seiner privaten Religiösität verurteilt werden darf.
Aber das ist keinesfalls gleichzusetzten mit öffentlichen Belangen institutionellen Charakters wie es das Minarett klar ist.
Die Initiative wäre ohne rechtlichen Hintergrund nicht bewilligt worden, wäre nicht zur Abstimmung gekommen, würde sie grundsätzlich der Rechtstaatlichkeit/Gesetztesmässigkeit widersprechen. Denn im Vorfeld lediglich genügend Stimmen zu sammeln reicht noch nicht aus, damit eine Initiative vor’s Volk kommt.
Bürger entscheiden nicht zwangsläufig richtiger als es eine präsidiale Regierung tun würde. Aber man wählt in einer Demokratie ja sowieso die Regierung. Wenn man nun das Schweizer Modell in Frage stellen würde, so müsste man dies alle Formen der Demokratie. Und immerhin ist es schwieriger eine Person einzuschätzen als einen Sachverhalt.
Doch bei der direkten Demokratie übernimmt der Bürger direkte Verantwortung! Er kann sie also nur zu einem geringen Teil abschieben, wenn ihm danach ist.
Demokratie und Freiheit selber, wären ohne Verantwortung nicht plausibel.
Man begibt sich also auf heikles Terrain, das Schweizer Modell nun zu kritisieren. Und das scheint symptomatisch für diese ganze Debatte zu sein.
Die institutionalisierte Religion betreffend des öffentlichen Raumes/Lebens hat hinter den Interessen der Bevölkerung anzustehen.
2009-12-05 um 6:12 pm
Vlad
@genussdenker,
danke für den ausführlichen und informativen Beitrag.
@Andi,
so wie ich das sehe gilt bei den Piraten das gleiche wie bei den sog. etablierten Parteien: Volk ist lediglich als Stimmvieh gut, wehe man stimmt nicht ab, wie die Eliten und Gutmenschen es gerne hätten.
2009-12-05 um 1:31 pm
genova68
Ein guter Beitrag zum Thema, wie ich finde (und um Längen besser als die beiden Beiträge deines Chefs zum selben Thema).
„Eine gut organisierte Minderheit, die die Gunst der Stunde genutzt hat“.
Was taugt das Schweizer Modell wirklich, wenn es für solch hanebüchenen Zwecke missbraucht werden kann?
(Nebenbei: „voraus“ mit einem r)
2009-12-06 um 7:57 am
Zur Kommunikation unter Nerds « Pirat Freising
[…] die ich selbst nicht alle wiederfinde, kommentiert (Ergänzung: u.a. in Andi Popps Beitrag zu den Schattenseiten der Direkten Demokratie). Möglicherweise ist die Basisdemokratie ein geeignetes Mittel, um bestimmte, wenig Sachkenntnis […]
2009-12-06 um 9:12 am
dagodu
Hallo Andi, vielleicht ein paar Anregungen zu Volksentscheiden. Ich könnte mir zwei Arten vorstellen, wie Volksentscheide ablaufen könnten:
1. Nicht so triviale Fragestellungen, wie „Ja/Nein“ zu irgendwas. Stattdessen mehr Auswirkungen des Entscheids einbeziehen. Das würde aber bedeuten, dass daraus keine konkreten Gesetze herauskommen.
Beispiel:
[ ] Ja, ich akzeptiere Minarette als Teil der Religionsfreiheit, aber ich möchte weiterhin christliche Grundwerte bei er Politik
[ ] Ja, ich akzeptiere Minarette und möchte stärker islamistische Werte in der Politik sehen
…. u.s.w.
2. Einen Test vor Ausfüllen des Entscheids, ob sich derjenige mit dem Themenbereich genug auseinander gesetzt hat, um die Auswirkungen abschätzen zu können. So könnte man vorher Informationsbroschüren verteilen, um die Menschen weiter zu bilden.
2009-12-10 um 3:34 pm
northbohemian
Zitat: „Die freiheitlich denkenden schauen mit Bestürzung in unser südliches Nachbarland“ – da wird ja gleich in der fünften Zeile diktiert, wie der genormte Gutmensch zu denken hat. Sehr Johannes B. Kerner, das Ganze …
DIES ist es, was MIR Angst macht, dieses irrlichternd naive Anspruchsmonopol auf die absolut gültige Moral. Aber es lebt sich bestimmt bequem so. Das Gehirn ist so auch am Ende des Lebens in einem noch nahezu unbenutzten Zustand …