Es hat sich ja schon angebahnt, dass Wikileaks etwas großes in der Pipeline hat. Und so wurde gestern auch etwas brisantes veröffentlicht, nämlich das Bordvideo eines Apache-Helikopters, der 2007 im Irak eine Gruppe von Journalisten angegriffen und getötet hat. Das Video hat zumindest im Netz für einigen Wirbel gesorgt, in den Holzmedien und im TV ist es leider nicht wirklich von Interesse gewesen.
Was mir bei aller Brisanz des Themas allerdings überhaupt nicht gefallen will, ist die Tatsache, wie mit den beteiligten hier umgesprungen wird. Versteht mich nicht falsch, die Tötung von Nichtkombattanten ist sicher alles andere als ein Pappenstiel, aber dennoch sollte man die Angelegenheit durchaus sachlich sehen. Ich habe mir gestern mehrmals das komplette Video angesehen ohne irgendwelche Kommentare zu lesen oder ähnliches. Danach dachte ich zuerst es geht primär um die zwei verletzen Kinder. Ich hab auf den Aufnahmen ehrlich gesagt zuerst genau das gesehen, was im Funkverkehr erzählt wurde. Natürlich liegt es daran, dass ich nicht wirklich etwas erkannte und meine Wahrnehmung den Rest aus dem Funkverkehr zusammengebraut hat. Erst als ich ein paar Kommentare und Blogs las und das kommentierte Video sah, verstand ich worum es ging.
Was will ich damit sagen? Obwohl ich gerne „Killerspiele“ zocke, Bücher von Tom Clancy lese und „Das dreckige Dutzend“ für einen tollen Film halte, verstehe ich mich selbst durchaus als (rationalen) Pazifisten. Aber Soldaten als Mörder zu bezeichnen finde ich nicht richtig. Klar, die Soldaten haben Fehler gemacht, keine Frage. Aber ich war noch nie in einer solchen Kriegssituation, ich habe keine Ahnung wie viel man aus einem fliegenden Apache erkennt, ich weiß nicht wie schnell man im Feld Entscheidungen treffen muss. Ich habe mir zuhause in alle Ruhe ein Youtube-Video angeschaut und ich empfinde mich dadurch in keinster Weise in der Lage über die Soldaten zu urteilen, völlig unabhängig davon für wie falsch ich die politischen Entscheidungen ihrer Regierung halte.
Sagen wir es also wie es ist: Wenn man Soldaten in einen Krieg schickt, dann töten sie Menschen und es sind nicht immer die „richtigen“, die sie treffen. Der Skandal ist also nicht, dass es einen Vorfall gab, den man lieber vermieden hätte, sondern die Tatsache, dass das Militär diesen Vorfall vertuscht hat. Als Reuters Aufklärung verlangte, wurde das jetzt von Wikileaks veröffentlichte Material unter Verschluss gehalten. Deswegen muss man Wikileaks hier großes Lob aussprechen. Natürlich wäre allerdings eine vorbehaltlose, zeitnahe Aufklärung notwendig gewesen, insbesondere um zu erkennen, wie man solche Vorfälle in Zukunft vermeidet.
Schuldzuweisungen sind in diesem Zusammenhang natürlich alles andere als produktiv. Leider ist es natürlich so, dass der Shitstorm, den die Leute, die jetzt sofort wieder von „Mord“ sprechen, hier lostreten, nicht wirklich dazu beiträgt die Gegenseite zur Transparenz zu motivieren. Wäre ich jetzt im Militär und nicht in einer Bürgerrechtspartei, würde ich es mir wohl auch drei mal überlegen ob ich eine öffentliche Debatte unterstützen will, wenn sie sowieso nur auf Flamewar-Niveau geführt wird. Auch ist es vollkommen sinnfrei, die politische Diskussion über Militäreinsätze jedes mal wieder aufzurollen, wenn Zivilisten sterben. Das heißt natürlich nicht, dass die Tatsache, dass Zivilisten sterben kein Argument in der Debatte sein kann, aber keiner braucht so tun als hätte er das nicht vorher gewusst.
Fazit: Staatliche Transparenz ist noch lange nicht auf dem Niveau auf dem sie sein müsste, deshalb spielen Whistleblower in diesem Zusammenhang auch heute noch eine entscheidende Rolle. Aber Mailinglistenpolemik bei der Diskussion brisanter Themen wirkt auf das Ziel mehr staatliche Transparenz durchzusetzen nur kontraproduktiv.
30 Kommentare
2010-04-06 um 12:15 pm
BeWild
So in der Art sehe ich das auch. Hab erst gestern einen ziemlich beschissenen BlogPost gelesen, in dem allen Soldaten die noch nicht darunter leiden, lebenslange Depressionen und kaputte Ehen an den Hals gewünscht wurden. Sowas kann ich ja gar nicht haben.
Der Soldat an sich kreigt den Befehl „geh da und da hin, da sind böse Menschen. Mach die mal tot.“ Er vertraut seinem Befehlsgeber. Was soll er auch anderes machen? Jeden Verdächtigen auf nen Kaffee einladen und nachfragen, ob er wirklich böse ist?
Den Soldaten kann man hier nichts böses unterstellen (denke ich). Das muss man schon an die oberen Stellen richten.
2010-04-06 um 12:28 pm
Wolfgang Preiss
Ganz so pragmatisch wie du will und kann ich es nicht sehen. Ich habe nur die kommentierte Version des Videos gesehen, aber mir haben sich die Nackenhaare aufgestellt als über den Funkverkehr zu hören war „C’mon, all you got to do is to reach for a weapon“ als er einen verletzen im Fadenkreuz hatte und mehr als scharf darauf wahr, ihn endlich ganz erledigen zu können. Auch hat mich sehr getroffen, wie man auf einen zivilen Van schießen konnte, dessen Fahrer nur einen schwerst Verletzten bergen wollte.
Die Freude am Töten war diesen Soldaten anzuhören, und die art und Weise wie sie sich unterhalten haben kannte ich nur von CS, bei denen der Gegner ein computeranimiertes Avatar ist.
Aber bei menschlichen Wesen, die keine offensichtliche Bedrohung darstellen wild hinein zu feuern, und dabei auch noch so etwas wie Freude zu empfinden? Das ist nicht das Verhalten eines geschulten Soldaten. Das ist das Verhalten eines soziopathischen Mörders.
2010-04-06 um 12:44 pm
Andi
Ich seh das eher als eine Henne und Ei Geschichte. Macht der Krieg den Soldaten oder Soldaten den Krieg? Ich glaube einen gewissen „Schaden“ hast du als Soldat nach einer gewissen Zeit im Krieg wohl einfach
2010-04-06 um 12:58 pm
digimoral
Hat man den Schaden nicht schon dann, wenn man sich bewusst entscheidet in die Armee einzutreten, um an Kriegen teilzunehmen?
Dass in Afghanistan und im Irak keine westlichen Werte verteidigt oder Unterdrückte befreit werden, das hat sich doch wirklich schon lange genug gezeigt.
Bei deutschen Soldaten konnte man früher noch anders argumentieren, da Deutschland nie an Kriegen beteiligt war, aber seit dem Kosovokrieg wird diese Argumentation sehr dünn. In den USA ist jedes Armeemitglied zumindest nicht abgeneigt auf Menschen zu schießen – und solche Leute haben für mich einen Schaden (auch die paar mit denen ich mal auf der Schule war).
2010-04-06 um 7:44 pm
the Pirate Sindbad
Trenne einfach den Menschen von der Funktion.
Den Soldaten macht die Funktion. Dazu gehört die Waffe und die Struktur hinter ihm. Das ist dann nicht mehr der Mensch, Familienvater, Schulfreund, sondern eine Einheit, die sich nach Regeln verhält, die der Mensch dahinter gar nicht mehr kontrollieren kann. Die Aussage „Soldaten sind Mörder“ beschreibt dann nur noch eine (gewünschte) Funktion und man ist weg von der individuellen Schuldzuweisung.
An der Stelle ist es dann egal, ob es den Menschen am Drücker Spaß macht andere zu töten oder nicht. Hauptsache sie machen es richtig, was man hier ja bezweifeln kann. Leute einzusetzen, denen töten Spaß macht, oder die eh schon einen Schaden haben mag da sinnvoller sein, als Leute, die erst danach einen Knacks haben oder im entscheidenden Augenblick nicht funktionieren. Das ist aber eine Entscheidung der höheren Chargen bzw schon der Politik. Und auf der Ebene sitzen auch die Verantwortlichen.
2010-04-06 um 12:29 pm
Ich
„Er vertraut seinem Befehlsgeber“.
Hast Du das Video gesehen? Er, also der Schütze, bettelt darum, endlich abdrücken zu dürfen. Soldaten sind Mörder.
2010-04-06 um 12:29 pm
DasNordlicht
Volle Zustimmung, es ist nicht gut das Menschen in Kriegen sterben. Es ist nicht gut das Journalisten in Kriegen sterben. Zivile Opfer kann man aber nur vermeiden wenn man keine Kriege führt.
Aber wozu müssen wir auch aus jeder Perspektive die Kriegsbilder zur besten Sendezeit erhalten? Ok, jemans muss darüber berichten aber ist die Art dieser Berichterstattung wirklich richtig?
Wer Soldat wird sollte sich der Gefahr bewust sein, wer Journalist in Kriesengebieten ist auch. Wer den Einsätzen zustimmt muss auch die unbeteiligten Opfer, die jeder Krieg mit sich bringt, verantworten. Der Soldat der am Auslöser sitzt ist das kleinste Rad in diesem Getriebe. Dieser Soldat entscheidet in jedem Moment ob er selber oder ein potentieller Gegner getötet wird und das auf beiden Seiten. Wer in diesen Stress Situationen keine Fehler macht ist kein Mensch.
Eine Lösung habe ich leider auch nicht, aber den Soldaten als Mörder hin zu stellen ist die schlechteste Version.
2010-04-06 um 12:32 pm
Ich schon wieder
„Der Skandal ist also nicht, dass es einen Vorfall gab, den man lieber vermieden hätte“
Wer ist denn bitte „man“? Doch nicht etwa das Militär oder der Schütze des Apache. Die wollen töten. Soldaten halt.
2010-04-06 um 12:51 pm
Ich
„ich weiß nicht wie schnell man im Feld Entscheidungen treffen muss“
Wenn man das Video anschaut ist man sehr wohl in der Lage zu beurteilen, dass hier keine Gefahr bestand, die mit einer 30mm-Kanone (http://de.wikipedia.org/wiki/M230_Chain_Gun) bekämpft werden muss. Dieser Schütze war einfach trigger-happy und *wollte* schießen. Das ist ein Kriegsverbrechen.
2010-04-06 um 1:10 pm
Andi
Also ich hab den Typen mit der RPG beim ersten mal anschauen auch gesehen. Oder anders gefragt: Wie oft bist du mit einem Apache über Bagdad geflogen?
2010-04-06 um 1:15 pm
Ich
Weiß Du, wie ein RPG aussieht? So: http://de.wikipedia.org/wiki/RPG_%28Waffe%29 Vom Schützen eines Apache erwarte ich, dass er eine solche Waffe von einer Kamera mit Teleobjektiv unterscheiden kann. Das gilt auch und gerade dann, wenn er nur seine Kamerasysteme zur Identifizierung zur Verfügung hat, sonst ist er nicht ausreichend trainiert und am falschen Platz.
2010-04-06 um 1:22 pm
Andi
Ja. Ich weiß wie ein RPG aussieht. Und deine Antwort lautet also „Noch nie!“.
Aber ernsthaft. Versteh mich nicht falsch, die Frage ob der Schütze ausreichend ausgebildet ist, ob das Kamerasystem anständige Bilder liefert oder ähnliches darf man durchaus stellen. Aber aufgrund der Tatsache, dass du daheim ein Video anschaust um dir ein Urteil wie „Mörder“ zu bilden, das geht in meinen Augen nicht.
2010-04-06 um 12:53 pm
digimoral
Lieber Andi, es ist ja schön und gut, dass du den Vorfall rational betrachten willst. Aber ich für mich kann mich nur über jeden Menschen wundern der das Video nicht nach der ersten Salve auf die friedliche Menschengruppe voll Abscheu zumacht.
Egal wie die Situation dort ist, es ist einfach nur abartig und unvorstellbar emotionslos wie Menschen dort hingerichtet werden. Ja, hingerichtet – ohne Verfahren, nichtmal angehört wurden sie.
Mir ist fast mein Mageninhalt hochgekommen und ich spiele auch Egoshooter. Die Tatsache, dass es sowas in der Realität gibt kann doch niemanden kalt lassen.
2010-04-06 um 1:08 pm
Andi
Öhm, bitte jetzt nicht falsch verstehen? Aber hast du schonmal in irgendeinem Krieg ein Verfahren gesehen?
2010-04-06 um 2:17 pm
digimoral
Der Mangel daran ist sicherlich keine Berechtigung, dass es das nicht gibt (oder wäre das für dich in einem Polizeistaat der zB beliebig lange U-Haft ohne Vorführung zulässt etwa ein befriedigendes Argument?).
Wer Krieg als legitime Methode der Unterwerfung betrachtet muss sich wahrlich nicht darüber beschweren als Mörder (wenn er selbst ausführend ist) hingestellt zu werden. Krieg ist andere mit Waffengewalt zu unterwerfen.
Ob die Piratenpartei, die ja Bürgerrechte und Menschenrechte hochhält, das „diplomatische Mittel Krieg“ auch nur tolerieren kann ist eine sehr grundlegende Frage. Für mich verletzen die aktuellen Kriege massiv die Menschenrechte der betroffenen besetzten, äh sorry befreiten Länder.
2010-04-06 um 2:31 pm
Andi
Also das ist mein Blog und kein Blog der Piratenpartei. Und ja, ich bin auch gegen den Irak-Krieg, ich finde George W. Bush ist nicht besser als Hitler (Godwin-Keule go 😉 ). Ich bin der Meinung, dass die Idee Demokratie mit Waffengewalt zu bringen schon von vornherein schizophren und zum Scheitern verurteilt ist. Aber das ist die politische Dimension der ganzen Angelegenheit und ich habe bewusst diesen Sachverhalt auf einer niedrigeren Granularität gehalten.
Du kannst der amerikanischen Regierung und ihren Verbündeten vorwerfen, dass sie einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg im Irak führen. Aber du kannst den Soldaten in Bagdad nicht vorwerfen, dass sie gegnerische Streitkräfte (im allgemeinen jetzt, nicht auf diesen Fall bezogen) ohne Verfahren erschießen.
2010-04-07 um 10:01 am
digimoral
Okay, das kann ich so hinnehmen.
Dennoch muss man dem Apache-Schützen vorwerfen in diesem konkreten Fall eine dramatische Fehlentscheidung getroffen zu haben. Wer im Krieg ist muss sich sicher sein, dass er einem feindlichen Soldaten und nicht einem Zivilisten gegenüber steht. Die Verantwortung dafür tragen die direkt beteiligten Soldaten. Ob sie Fehlentscheidung aus mangelnder Ausbildung oder Schießwütigkeit stammt, das spielt im Endeffekt keine Rolle.
Ein Kriegsverbrechensverfahren ist meiner Meinung nach auf jeden Fall angebracht.
2010-04-06 um 1:17 pm
Thomas-BY
Hallo Andi.
Ich will jetzt auch nicht primär darüber urteilen, warum der Schütze so gehandelt hat, ob er von Grund auf einfach kriminell und gewalttätig ist, ob er kriegsgeschädigt ist und oder durch die technische Zieleinrichtung den Realitätsbezug verloren hat und das ganze als Game sah.
Warum ich mich zu Wort melde ist, dass du dich auf seine Seite stellst mit der Begründung, dass dir bei Betrachtung des Videos Details nicht aufgefallen sind und damit den Schützen in Schutz nehmen willst. Aber hier liegt der Fehler. Hättest du bei Betrachtung des Videos Gefahr erkannt, die danach verlangt hätte, abgestellt zu werden? vermutlich nicht. Der Soldat hatte hingegen seinen Fokus auf der/den Kamera(s) (scheinbar alle mit der Typbezeichnung AK-47) als er darum bettelte zu schießén.
Das grausame an der Geschichte ist die Steigerung. Nicht nur, dass hier im betsen Fall eine Fehlinterpretation die Ursache war, schlimm ist zunächst die absolute Unverhältnismäßigkeit. Absolut keine Gegenwehr, und dennoch permanentes Draufhalten. Und das allerschlimmste ist, es geht hiejr noch nicht mal um „kampfunfähig“ machen, es geht hier tatsächlich schlichtweg ums Töten, meiner Meinung nach sogar ums Morden. Hier wurden mit genug Bedenkpause deutlich erkennbar wehrlose Verwundete und Helfer vorsätzlich beschossen und hingerichtet.
Wie bitte will die westliche Welt Werte vermitteln, wenn sich ihre Truppen, ja auch ihre Politiker derart daneben benehmen. Mich verwundert die Reaktion der Einheimischen schon längst nicht mehr.
2010-04-06 um 1:33 pm
Andi
Ich will den Vorfall ja in keinster Weise irgendwie gut heißen, nicht im geringsten. Sicher bist du auch viel qualifizierter dafür, die Sachlage genauer zu beurteilen als ich.
Ich will auch an dieser Stelle die politische Dimension des Auslandseinsatzes gar nicht aufmache. Ich will sehr wohl auch die Frage danach stellen, warum die Besatzung des Hubschraubers so gehandelt hat, wie sie gehandelt hat. Das einzige was ich mir nicht herausnehmen will, ist die Soldaten nur aufgrund dessen was ich hier in diesem Video sehe als „Mörder“ zu verurteilen.
Aber um auf dein Argument nochmal einzugehen (korrigiere mich wenn ich falsch liege). Die US-Soldaten im Irak befinden sich nicht wie unsere Soldaten in Afghanistan auf einer Friedensicherungsbrunnenbohr-Mission, sondern im Kriegseinsatz. Ich kenne die Rules of Engagement der US-Armee nicht, aber gehe ich falsch in der Annahme, dass das Ziel im Kriegseinsatz nicht die Selbstverteidigung ist (also Gegenwehr ausschalten, Gegner kampfunfähig machen), sondern schlicht und ergreifend das Töten gegnerischer Soldaten? Würde mich sehr wundern, wenn ein Soldat im Krieg erst dann auf Feinde schießen darf, wenn die auf ihn schießen.
2010-04-06 um 1:55 pm
Justus
Ich muss an dieser Stelle Thomas-BY ganz deutlich recht geben.
Wenn man sich den Audiokommentar anhört und mit den Bildern vergleicht dann fragt man sich ob der Schütze das gleiche sieht…
Ich habe mit viel gutem Willen eine einzige AK-47 ausgemacht die zu allem Überfluss auch noch auf den Boden gerichtet war!
Und der Schütze faselt irgendwas von direktem Feuer auf sie?
Der Gipfel ist wie er auf den Van schiesst dessen Insassen offenbar einem Schwerverletzten helfen wollen.
Meines erachtens gibt es hier einen Skandal (Vertuschung) und ein dringend ausstehendes Kriegsgerichtsverfahren.
Hier wurden nämlich die Genfer Konventionen verletzt…
Nicht nur wurde kein Versuch unternommen unbewaffnete Zivilisten aus der Kampfzone zu entfernen, es wurde auch noch völlig ohne Not in unidentifizierte Ziele geschossen.
Beispiel: ein unbewaffneter Zivilist geht ganz entspannt in ein Gebäude rein in das eine angeblich mit einer AK-47 bewaffnete Person vorher reingegangen ist, dass die „bewaffnete“ Person einen quadratischen Kasten in der Hand hat interessiert den Schützen genauso wenig wie der Kerl mit leeren Händen…
Er möchte seine drei Hellfire Raketen loswerden…
Das Gebäude das am Ende des Videos beschossen wird könnte alles sein, vom Kindergarten übers Krankenhaus bis hin zur Grundschule…
Den Piloten scheint nicht klar zu sein wo sie sind („Well it’s their fault for bringing their kids into a battle.“), die betroffenen Personen sind nicht in eine Schlacht gezogen, die Schlacht ist dahin gekommen wo die Personen sind!
Ich weiss nicht wie hirntot man sein kann aber hier sind Fehler passiert, und mit einem Sinngemäßen „wo gehobelt wird da fallen Späne“ kann man hier nicht weitermachen.
An diesem Punkt ist der Staat gefordert in dessen Namen hier gehandelt wurde (USA) oder wenn dieser nicht willig ist einzugreifen dann muss hier ein internationaler Gerichtshof eingeschaltet werden.
Dieser Fall ist für mich exemplarisch dafür dass hier konsequent Kriegsverbrechen durch die Vereinigten Staaten von Amerika begangen wurden und das muss endlich mal auf den Tisch kommen.
Man braucht sich nicht wundern wenn die überwiegende Mehrzahl der Menschen die im nahen Osten leben einen tödlichen Hass auf den „Westen“ hegen, bei derart unüberlegter und herablassender Behandlung!
Gruß,
Justus
2010-04-06 um 2:01 pm
Andi
Nur damit jetzt nicht wieder jemand kommt und meint, ich wäre nicht dieser Meinung. Ich kann dir tatsächlich eigentlich uneingeschränkt zustimmen, ich empfinde die Bilder durchaus auch als verstörend (mich hat ehrlich gesagt die Tatsache, dass der Heli einfach ein Gebäude platt macht von dem er keine Ahnung hat was da drin ist, viel mehr schockiert, als dass er eine Gruppe von falsch identifizierten Kämpfern auf offener Straße niederschießt). Ich will nur, dass die Leute die Frage danach stellen, warum die Soldaten handeln wie sie handeln und sich nicht einfach ein Urteil bilden.
2010-04-06 um 2:16 pm
Justus
Zweierlei, ich wollte dich nicht in eine Ecke drängen, ich wollte einfach nur meine Meinung sagen 😉
Desweiteren will ich mir keine weitergehende Meinung bilden, als dass hier ein Gerichtsverfahren mehr als angebracht wäre.
Mehr kann man als Nichtexperte wohl kaum sagen, hier muss eine gewaltige Aufarbeitung stattfinden und das geht wohl nur vor einem ordentlichen Gericht.
Wenn derartige Dinge passieren dann gibt es einen Schuldigen, und wenn er 1000 Kilometer entfernt sitzt und die RoE für den Einsatz im Irak produziert hat…
Jemand trägt die Verantwortung und alleine die Tatsache dass dieses Band nicht an die Öffentlichkeit geraten sollte sagt mir dass der oder die Verantwortliche das auch weiß…
Gruß,
Justus
2010-04-06 um 2:50 pm
Thomas-BY
Jetzt habe ich fast ein Problem, hier zu antworten ohne ein Buch zu schreiben, und äußere an dieser Stelle mal nur Fragmente meiner Meinung in der Hoffnung, einigermaßen befriedigend antworten zu können.
Ich habe selbst beim ISAF-Einsatz Schwierigkeiten, immer einigermaßen einschätzen zu können, wer gut oder böse ist, was verhältnismäßig ist, was richtig oder was falsch berichtet wird etc.. Zudem will ich auch nicht alles, was ich so hin und wieder mitbekomme, im WWW von mir geben. Ich will jetzt auch weder darüber urteilen, ob der Irakkrieg oder ISAF gerechtfertigt und sinnvoll ist. Ob ich also kompetenter bin, bezweifle ich, allerhöchstens geschulter in Richtung Bewertung, was wie verhältnismäßig bekämpft werden könnte/müsste. Ich bin auch froh, dass ich nicht so kompetent werden musste bis jetzt, um das Verhalten des Schützen im Irak innerlich nachvollziehen zu können, auch wenn ich Verständnis für verbale Entgleisungen und schwarzen Humor in solchen Situationen habe, wenngleich auch nicht gut heiße, aber es ist unvermeidbar ist bei Manchem, um Eindrücke verarbeiten oder verdrängen zu können.
Was ich aber auf jeden Fall beim gezeigten Video sehe ist, dass offensichtlich primär kein Gegner im Sinne eines Kombattanten zu erkennen ist. Sicherlich besteht immer die Gefahr von verdeckten Guerillakämpfern, weshalb der Schütze, der mit Sicherheit vollkommen übernächtigt und seit Wochen unter Kampfstress steht, hier auch übersensibilisiert ist.
Evtl. kann ich sogar noch durchgehen lassen, dass er die Kameras wirklich für Waffen gehalten hat und vielleicht auch noch, dass er vor lauter Schiss vollkommen voreilig diese Gefahr bannen wollte. Was ich aber auf keinen Fall akzeptieren kann ist, dass Minuten ohne jegliche Gegenwehr vergehen und dann trotz offensichtlicher Überlegenheit sinnlos auf definitiv wehrlose und kampfunfähige Verwundete sowie auf ihre Helfer geballert wird, und zur Schluss sogar beim Eintreffen der Bodentruppen jegliche Hilfeleistung unterlassen wird. Mir ist es auch ziemlich Schnuppe, ob die Opfer Journalisten oder andere Zivilisten waren, es gibt keinerlei Anzeichen die bestätigen, dass hier Krieger bekämpft wurden.
Dass die Army das Video unter Verschluss halten wollte, kann ich bestens verstehen, denn es war der Army offensichtlich sehr wohl bewusst, dass hier wie in vielen anderen Fällen (z.B. Falludscha) schlichtweg gemordet wurde. Hier ging es nicht mehr um kampfunfähig machen.
Gruß
Tom
P.S.: Dass es sich bei ISAF nicht wirkllich nur um eine „Friedensicherungsbrunnenbohr-Mission“ handelt, erreicht ja zu meiner Zufriedenheit langsam auch die Öffentlichkeit. Ein Grund mehr dafür, warum es mir so wichtig ist, dass die Medien größtmöglichst frei gehalten werden, und wir uns ins solchen Fällen nicht nur auf Militärbererichtserstattung oder den embedded journalism verlassen müssen.
2010-04-06 um 2:57 pm
Andi
Ich hoffte der Sarkasmus bei Friedenssicherungsbrunnenbohr-Mission war erkennbar 😉
2010-04-06 um 3:29 pm
Thomas-BY
klar;-) Im Übrigen auch danke an Dich, dass Du die Diskussionsplattform hier bietest.
2010-04-06 um 8:44 pm
Bernd
„Distinction:
Distinction means discriminating between lawful combatant targets and noncombatant targets such as civilians, civilian property, POWs, and wounded personnel who are out of combat.
The central idea of distinction is to only engage valid military targets. An indiscriminate attack is one that strikes military objectives and civilians or civilian objects without distinction.“
Das der der Mann auf dem Bürgersteig verwundet war, ist nicht zu übersehen.
2010-04-07 um 11:42 am
Andi
Ist das aus den RoE? Das würde mich ja schonmal einen erheblichen Schritt weiter bringen.
2010-04-07 um 1:26 pm
Bernd
Law of Armed Conflict (LOAC)
The Rules of War
http://usmilitary.about.com/cs/wars/a/loac.htm
2010-04-08 um 7:09 am
Klartext
Hallo zusammen,
es freut mich endlich mal eine polemikfreie Diskussion zu diesem Thema zu finden. Zumal die meisten, die sich hier im kuscheligen Deutschland erregen, glücklicherweise mal keine Ahnung haben von den eigenen Gesetzen eines Krieges.
Nein, in Schutz nehmen möchte ich die Besatzung des Apache in keiner Weise: Hier wurden ganz offensichtlich Grenzen überschritten.
Grenzen der Menschlichkeit, weil auf wehrlose geschossen wird und des gesunden Menschenverstandes, weil kein wirklich erkennbarer Grund dafür vorlag.
Aber (hier kommt natürlich immer ein ABER). Bei dieser ganzen Empörung über das Fehlverhalten von ein paar Soldaten wird wieder eine Tatsache gepflegt in den Hintergrund gedrängt: Im Krieg sterben Menschen. Gute, Böse, egal. Ein gewisser Prozentsatz an „Guten“ ist halt eingeplant. Da kommt mir die Erschütterung, Verstörung und was nicht alles hier an Wörtern gebraucht wird, reichlich merkwürdig vor.
Jetzt hat man nur mal gerade ein paar Schuldige gefunden, auf die man mit dem Finger zeigen kann und „Mörder! Mörder!“ rufen. Und das alles nur, weil man es sich schön auf Youtube reinziehen kann. Bei einer Textmeldung über DPA „12 Zivilisten in Afghanistan von amerikanischer Hubschrauberbesatzung getötet“ hätte doch echt kein Hahn gekräht.
Grüße
2010-04-17 um 3:34 pm
the Pirate Sindbad
Ich glaube es geht gar nicht um ein paar Schuldige sondern um das System. Man kann ja davon ausgehen, dass es eine Vielzahl solcher Videos gibt, mit der Ausnahme, dass die Abgebildeten nicht für Reuters gearbeitet haben.
Die Entscheidung der eingeplanten „guten“ Toten die mit dem Krieg verbunden ist, ist der Öffentlichkeit wahrscheinlich gar nicht klar. Der Soldat wird in eine Situation versetzt, in der er in Sekundenbruchteilen entscheiden muss, ob die Frau mit Kinderwagen nicht vielleicht doch ein Taliban mit Bombe ist. Und im Zweifel fällt diese Entscheidung gegen die Frau. Oder gegen die Leute, die sich einen Tanklaster in Kundus ansehen.
Die Leuten, die das noch erschüttert und verstört, sind dann die, die man bisher erfolgreich über die Auwirkungen des Krieges belogen hat.