Da ist sie also rum, die erste und einzige Wahl die Deutschland in diesem Jahr erleben wird. Die Nacht war ein Krimi für die großen Parteien, die nun alle irgendwie in einer blöden Situation sind. Und für die PIRATEN? Am Ende reichte es für 1,5%. Das sind 0,2% Prozentpunkte weniger als das NRW-Wahlergebnis bei der Bundestagswahl und (was von den meisten wohl noch eher wahrgenommen werden wird) 0,5% Prozentpunkte unter dem Gesamtergebnis der Bundestagswahl. Oder anders gesagt, der Stimmenanteil ist um 25% eingebrochen.
Bisher habe ich entsprechend den Eindruck, dass sich durchaus Enttäuschung breit macht. Kurz vor dem Bundesparteitag wirft nun auch jeder seinen Hut in den Ring um eine Wahlanalyse mit anschließender Strategie zu veröffentlichen. Sogar die Namensdiskussion, die ich mit dem Sommer letzten Jahres als endlich ad acta gelegt gesehen habe, kommt wieder auf. Ich habe selbst natürlich auch eine Meinung über endogene Gründe für das Wahlergebnis und einige haben die im Zuge der Diskussionen der letzten Monate sicher mitbekommen. Derzeit sind die Gemüter sehr erhitzt, aber ich erhoffe mir dennoch, dass die Debatte bald auf ein produktives und sachliches Niveau gehoben wird.
Aus diesem Grund will ich über die endogenen Gründe hier jetzt gar nicht herziehen, sondern statt dessen zur Abwechslung einen Blick auf die exogonen werfen. Zum einen muss man dazu sagen, dass NRW für die PIRATEN sicher nicht das einfachster Pflaster ist. Zwar hat man mit einigen Studentenstädten sicher Piratenhochburgen zwischen Rhein und Ruhr, aber im Grunde genommen ist die Arbeitertradition, die sich ja in langjähriger SPD-Regierung niederschlug, noch immer vorhanden.
Zum anderen war die systembedingte Ausgangssituation diesmal eine völlig andere. Der Mensch neigt dazu seine lokale Entscheidung zu isolieren. Bei der Bundestagswahl prognostizierte die Demoskopie ein deutliches Polster für Schwarz-Gelb. Da fühlte sich niemand in der Lage mit seiner Stimme noch viel daran zu drehen und deshalb haben viele der Versuchung nachgegeben ihr Kreuz bei den PIRATEN zu machen. In NRW hingegen war der Wahlkrimi von vornherein absehbar und so entschieden sich wohl doch einige in der Wahlkabine nochmal ihr Kreuz von Orange auf was anderes umzusetzen. Zumindest wäre dies eine einfache Eklärung der großen Diskrepanz zwischen den Umfrageergebnissen und dem Wahlergebnis der PIRATEN, wobei ich natürlich sehr gut weiß, wie schwer die PIRATEN prognostizierbar sind. Das taktische Wählen dürfte dennoch einen großen Bissen vom Kuchen genommen haben, auch wenn er wahrscheinlich nicht so groß war wie ihn sich Volker Beck gerne gewünscht hätte.
Jetzt zum Abschluss muss man allerdings auch die guten Seiten betonen. Die PIRATEN sind auch in NRW die größte Partei unter den kleinen geblieben. Noch vor einem Jahr haben wir drüber spekuliert, ob es überhaupt für die Parteienfinazierung reicht. Diese Hürde (1%) nehmen wir derzeit quasi im Schlaf. Die Wahl in NRW war also noch nicht der verhoffte nächste Quantensprung nach der Europa- und Bundestagswahl 2009, aber sie ist jetzt auch kein Niederschlag. Jetzt ist es Zeit für den Kehraus und dann werden wir auch wieder in den Alltag zurückfinden. Es gibt immer noch viel zu tun, packen wirs wieder an.
4 Kommentare
2010-05-10 um 1:49 pm
Benjamin Stöcker
Ich finde das Ergebnis aus NRW jetzt auch kein Weltuntergang. Die hatten ja kaum Zeit zur Vorbereitung.
Wichtig ist, dass wir die Wahlen im nächsten Jahr gut angehen. Die werden weitaus wichtiger als die Wahl jetzt in NRW.
Ich sage Respekt und danke an alle die es geschafft haben, dass es 1,5% wurden 😉
2010-05-11 um 3:16 am
Maschinist
Woanders hab ich kommentiert: „Die VDS kommt wieder auf den Plan, die Piraten auch. ACTA, INDECT etc. erst recht, ausserdem macht die Abmahnindustrie täglich prägnante, familienübergreifende Werbung für die Piraten.
Landtagswahlen sind nun mal sehr fokussiert auf Bildung und regionale Themen. Da werden etliche Ex-Piraten-Wähler anders entschieden haben um konkrete Ziele zu ermöglichen.
Ich halte die 1,5% für einen Erfolg.“
Es gibt nur eine Schlussfolgerung: „Weiter! Weiter! Immer weiter!“ (c) Oliver Kahn
Es wird werden.
2010-05-11 um 6:16 am
Pirat
Ich seh das genauso wie meine Vorposter und Du, Andi.
Ein Freund hat mir erzählt, dass er taktisch gewählt hat – sonst wählt er uns.
1,5 % sind gut und man kann darauf weiterhin aufbauen.
2010-05-11 um 4:21 pm
Volkerm
Ich finde die Ergebnisse der NRW-Wahl durchaus akzeptabel und schließ mich deinen Worten der „Arbeitertradition“ an.
Ebenso bin ich stolz darauf, dass wir Piraten, immer besser als die Rechtsparteien abschließen.
Die Welle der Empörung, Schuldzuweisung, der Fragen „Warum?“ lässt sicher bald nach. Bingen steht vor der Tür und wir konzentrieren uns auf die Zukunft !