Und nochmal die Causa Guttenberg. Man sieht vielleicht, dass ich seit Tagen vor Wut schäume (ich bin quasi ein Wutbürger) , ob dem Schaden den Guttenberg und die Universität Bayreuth derzeit an der deutschen Wissenschaft anrichten. Ich möchte dieses Mal die dritte Größe in den Zusammenhang einbringen, nämlich die Unionsparteien als solche.
Dass der Fall die Gemüter der Unionspolitiker ziemlich anspannt, sieht ein Blinder mit dem Krückstock. Es geht bei dieser Debatte um nicht weniger als das ideologische Fundament der bürgerlichen Parteien: Anstand, Ehre, Recht & Ordnung. All das hat der Verteidgungsminister nicht bewiesen, sondern durch seine dreiste Lügen mit Füßen getreten. Das bringt die Union natürlich in eine Zwickmühle. Eines von beidem müssen sie hinten anstellen, ihren beliebten Verteidigungsminister oder ihre Werte. Sie entschieden sich für die letztere Variante – geschlossen.
Doch wer jetzt glaubt, die Union würde ihre Werte tatsächlich einfach über Bord werfen, der irrt. Natürlich werden sie versuchen, diese zu retten. Doch wie macht man das, wenn man nun jedes Mal, wenn man von Anstand, Ehrlichkeit und Respekt spricht den Guttenberg vorgehalten bekommt? Da gibt es nur eine Möglichkeit: Das Fehlverhalten der eigenen Lichtgestalt zu bagatellisieren. Die Union spielt die Verfehlung herunter und schließt sich der Interpretation der handwerklichen Fehler an. Alles ist ein verzeihlicher Lapsus, wissenschaftlicher Betrug wird auf eine Stufe gestellt mit Falschparken, hat doch jeder schonmal gemacht und ist halb so wild. Was die Union wirklich geopfert hat, sind nicht ihre Werte, sondern die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft. Liebe Union, ich hoffe ihr seid stolz auf euch und eure Machtgeilheit.
7 Kommentare
2011-02-25 um 7:55 am
Andreas
Am Ende wird sich erweisen, dass es ein großer Fehler war, an Guttenberg festzuhalten. Sein Bleiben schadet der Union vermutlich mehr, als ein möglicher Rücktritt. An der Union wird dieser Makel kleben bleiben.
Merkel wird über Guttenberg stolpern. Und die Gespräche mit ihrem Mann Prof. Dr. Dr. Sauer dürften in den letzten Tagen sehr interessant gewesen sein. Ich hoffe er spricht ihr mal ins Gewissen.
2011-02-25 um 8:14 am
bridgerdier
Der große Vorteil, den konservative Politiker haben, ist die moralische Flexibilität. Denn stets wird am Ende nur eines bewahrt: Die eigene Macht. Konservative Politiker sind die Ersatz-Adeligen, an die ein obrigkeitsgläubiges Volk jede Verantwortung abschieben kann – „kleine“ Fehler sind da verzeihlich und auch größere Sachen werden schnell vergessen. Ist Helmut Kohl inzwischen eigentlich wieder CDU-Ehrenvorsitzender?
Diese Affäre wird der Karriere Guttenbergs nicht nachhaltig schaden. Selbst wenn sie ihne das Amt kosten sollte – was ich nicht glaube – wird er in einigen Jahren wieder auf der Politischen Bühne stehen. Dann als der aufrechte Kämpfer, das Opfer einer linken Hetzkampagne…
2011-02-25 um 9:29 am
kosinsky
Der große Vorteil der konservativen Grundidee ist: Sie ist lebensnah. Sie setzt auf das System menschlichen Zusammenlebens – das in seinen Prinzipien konstant ist. Und auf die Strukturen – die sich wandeln, aber immer Varianten der konstanten menschlichen Verhaltensweisen und Wechselwirkungen bleiben.
Das heißt bei Guttenberg: Eine Person mag fehlerhaft sein, die Gesellschaft bleibt die Gleiche. Sie wird weiterhin Populisten auf der Linken und Lichtgestalten auf der bürgerlichen Seite mögen und in der Mehrheit letztlich immer in der „Mitte“ bleiben. Deshalb ist die Mitte ja die Mitte, bzw. das ist das Einzige was die Mitte ausmacht. Dass sie der (manchmal bewusst gemachte, meist sich ergebende, manchmal faule, aber doch letztlich immer wieder funktionierende) Kompromiss des sozialen (in Gruppen, Gemeinschaften und Gesellschaft lebenden) Wesens Mensch ist.
Ob Guttenberg sein Fehlverhalten im Image (das ist es was politischen Teilsystem einer Mediendemokratie am meisten zählt) beschädigt ist noch offen. Dann wäre die Frage, ob er sich eine Schamfrist gönnt und die Sache damit politisch ausgestanden ist oder ob es dauerhaften Image-Schaden anrichtet, dann würde er Minister bleiben, aber könnte nicht mehr Kanzler werden. Das ist aber alles noch Spekulation.
Klar ist, meiner Einschätzung nach: Ob (diesem) Guttenberg politisch weitermacht oder ob er in ein anderes gesellschaftliches Teilsystem wechselt. Der nächste Guttenberg (also der nächste Hoffnungsträger) kommt bestimmt. Genau so wie der nächste Lafontaine, der nächste Schröder (Neue neue Mitte, in Hamburg zeigte sie sich schon) und so weiter.
2011-02-25 um 10:16 am
bundesrainer
(Prof. Dr.) Karl Lauterbach sieht das ähnlich,
http://taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/diese-affaire-wird-ein-dauerbrenner/
und er war nach meiner Beobachtung auch der einzige Politiker, der in den letzten Tagen den Flurschaden für die Wissenschaft deutlich gemacht. Daher kann ich mich deiner und seiner Einschätzung nur anschließen.
Unklar ist für mich, wie sich die Union entscheiden wird. Hält sie an dem Dilemma fest und schlittert mit dieser Wertezersetzung in den Abgrund ihrer Glaubwürdigkeit?
Oder gibt sie diese Werte endgültig auf und öffnet sich vollends dem Populismus?
Oder wird sie letzlich spät doch noch einsichtig und trennt sich von ihrem Minister?
2011-02-25 um 12:51 pm
Dr. Christian Weilmeier
Für mich hat die Union mit Guttenberg einen Offenbarungseid geleistet. Wer die Werte dauernd hochhält, der muss sich auch daran halten. Alles andere ist Heuchelei. Jetzt sind den Unionsparteien sogar die Bürger recht, aber nur als Fans auf Facebook und nicht mehr.
http://citizenseurope.wordpress.com/2011/02/25/die-woche-der-drei-revolutionen/
2011-02-25 um 1:34 pm
lokielie
Ein Großteil Politik ist eben auch nur Werbung – schön bunt außen und innen, na ja, schweigen wir dazu lieber. Der Schaden für die Wissenschaft in Deutschland bekommt nur einen weiteren Teil. Man muss doch nur mal hinsehen, wie schon seit Jahren systematisch verdünnt wird. Es sind international annerkannte und gesuchte Abschlüsse, wie das Diplom, die ersetzt werden durch Master und Bachelor (den keine Firma will!). Es sind flache Promotionsthemen, wie „die Funktion des aufgerollten Schmetterlingsrüssels bei der Suche nach gelben Wiesenblumen. “ Es ist aber auch die Nutzung eines Studienganges, als blanke Alternative zum Nichtstun. Und wenn wissenschaftliche Erkenntnisse (international) zum blanken Geldwert verkommen, was braucht man da noch? Da bleibt eben auch nicht aus, das einem der Titel auf der Visitenkarte wichtiger ist, als ein echter wissenschaftlicher Beitrag mit EIGENEM Fleiß zum Schaffen neuer Erkenntnisse für andere Nutzer. Hoch leben die ollen alten Wissenschaftler, die noch richtig was vom Forschen verstanden haben 😉
2011-02-27 um 11:36 am
laser87
Es gibt auch noch Unionspolitiker, die zu ihren Plagiaten stehen:
http://www.schwaebische.de/region/sigmaringen-tuttlingen/tuttlingen/stadtnachrichten-tuttlingen_artikel,-Plagiator-JU-Chef-Bach-kopiert-zu-Guttenberg-_arid,5036798.html
Und ausgerechnet bei KTzG hat er abgeschrieben^^ Wer weiß, wer der ursprüngliche Author war?^^
Gruß