Es gibt immer noch viele Menschen da draußen, die versuchen die Piratenpartei zu verstehen. Gut so, wir helfen gerne. Doch lasst euch eines gesagt sein: Es wird nicht einfach. Versucht also gar erst es euch einfach zu machen, sonst steht ihr wie Bärbel Höhn vorm Wahlergebnis und sagt: „Aber wir haben doch auch Leute die Twittern!“.
Eine tolle Methode um es sich einfach zu machen, ist das klassische politische Schubladen-Denken: Links-Mitte-Rechts. In Deutschland muss man wegen der seltsamen Einordnung der Nazis wohl eher Links-Konservativ sagen, ohne die Mitte. Man sieht schon das Schema ist reichlich spinnert. Weil das so schön einfach ist, stellt jetzt die taz die Frage: Rechts oder Links?
Die Antwort lautet: nichts davon. Wir fordern schon die Aufhebung der Geschlechter-Grenzen, glaubt ihr wirklich wir lassen uns dann so einfach ins politische Links-Rechts-Schema einsortieren? Seit fünf Jahren predigen wir, dass dieses Schema überholt ist, denn es führt zu nichts anderem als Beschneidung des eigenen Denkens. Das sollte einer Zeitung wie der taz, die uns ja nun doch schon einige Zeit begleitet, langsam einleuchten. Ich weiß sie mögen das dort nicht, aber es ist halt unsere Position dazu.
Wenn man sich in eine Richtung einordnet, dann will jeder, dass man sich so verhält wie er sich diese Richtung vorstellt. Wenn wird jetzt anfangen zu sagen „wir sind links“ dann wird uns bei irgendeiner Sachfrage in 5 Jahren jemand vorwerfen „Ihr habt uns belogen! Ihr sagtet ihr seid links, aber ihr seid so konservativ!“ und vice versa. Schaut euch doch mal die Parteien an. Die Union schafft die Wehrpflicht ab, die SPD hat Hartz IV eingeführt, die Grünen bashen die Piraten im Fernsehen mit „aber die Familien brauchen doch Autos“ und FDP hat gar keine Richtung mehr, sondern steht ziellos auf der Stelle. Und jetzt glaubt ihr wirklich ihr könnt uns hier in deren alte Schubladen sortieren?
Wir wollen weder alles, was typisch „links“ ist, noch, was typisch „konservativ“ ist. Wir nehmen das was wir für gut und richtig halten und schmeißen das weg was wir für schlecht halten. Bei uns hat Politik Dynamik und wir werden uns sinnvollen Maßnahmen sicher nicht verschließen, nur weil sie nicht in die Schublade passen, in die ihr uns steckt. Gewöhnt euch dran.
EDIT: Dank Facebook weiß ich jetzt, dass es „die Schubladen“ heißen muss, vielen Dank und back to topic bitte 😉
15 Kommentare
2011-09-23 um 1:13 pm
Kay Urban
Ich muss gestehen, ich finde euch einfach toll, Augsburger Piraten, ich kommeee 🙂
2011-09-23 um 1:14 pm
Rene
gutes Statement
2011-09-23 um 1:21 pm
adrianlang
wtf? Was haben denn „die Geschlechter-Grenzen” mit dem „Rechts-Links-Schema“ zu tun?
Na ja, der Rest ist das übliche postpolitische Vorne-Gesäusel. Da sind manche deiner Parteigenoss_innen in Berlin etwas weniger abgehoben und haben durchaus noch genug Klarheit, um zu erkennen, dass die (in Berlin) vertretenen Positionen „sozialliberal bis linkslibertär“ sind. Übrigens ziemlich bezeichnend, dass dein politisches Spektrum über Parteien definiert wird – „republikanisch“ heißt dann bei dir wohl auch rechtskonservativ?
2011-09-23 um 1:30 pm
Nils Simon
Ich finds ja nett, aber irgendwie auch Wunschdenken. „Geschlechtergrenzen aufheben“ und ein 14:1 Verhältnis von Männern:Frauen ins AGH schicken passt halt einfach nicht zusammen. Und wer sich krampfhaft als Vorne darstellen will hat das Rechts-Links-Denken eben nicht überwunden, sondern bezieht sich mit dieser Differenzierung letztlich doch auf Selbiges. Die Grünen haben genau die selbe Argumentation übrigens schon vor 30 Jahren durchgenudelt, wenn wir Piraten also was anderes (besseres?) sein wollen als die, sollten wir auch pfiffigere rhetorische Ideen haben.
2011-09-23 um 1:41 pm
kailonia
Genau! Einfach mal gegen alles sein, wofür sich die anderen Parteien einsetzn.
2011-09-23 um 1:42 pm
anea
Ich liebäugle ja schon mit den Piraten… Ich komme eher aus der liberalen Ecke und kann mich mit vielen Punkten bei den Piraten identifizieren. Wenn ich mir allerdings hier vor Ort anschaue, wer da Mitglied ist, dann sind es überwiegend Ex-Mitglieder der Linken, die da rausgeflogen sind. Deren Ideen und Gedankengut kenne ich noch aus gemeinsamer Zeit im Stadtparlament und sehe eher wenig Schnittmenge 😦
2011-09-23 um 2:00 pm
Michael Lindner
Hach. Immer das selbe in der Postmoderne.
Wenn man lechts und rinks als „System“ oder „Ideologie“ bezeichnen möchte – und dein Text deutet darauf hin – bleibt nur zu sagen:
„You must have a system. If you don’t havea system, you are a part of someone elses system.“ (Terence McKenna).
Was das mit den Frauen angeht: samesame. Nur weil „Ihr“ Geschlecht als überwunden definiert, ist dem noch lange nicht so. Ich komme aus einem Land, in dem „Rassismus“ und „Semitismus“ per Definition „überwunden“ waren – die Realität beinhaltete jedoch immer noch genügend Nackenschläge von Faschisten.
2011-09-23 um 2:03 pm
Mexxer
@Nils Das passt wunderbar zusammen. Das Problem bei den Piraten ist nämlich einfach, dass sich nicht genug Frauen zur Wahl aufgestellt haben bzw. sich nicht aufstellen lassen wollten. Und da soll man dann nur für den Zweck eine Frau mehr im AGH zu haben einfach einen kompetenteren männlichen Pirat zur Seite drängen nur damit man die Frauenquote erfüllt? Das ist doch, mit Verlaub gesagt, totaler Blödsinn. Soweit ich das mitbekommen habe sind viele der weiblichen Piraten auch gegen die Frauenquote, weil es einfach sexistisch ist. Ja die Piraten haben ein Frauenproblem und noch relative wenige davon, die sich in der Partei engagieren. Aber es liegt auch an den Frauen das zu ändern und sich mehr einzubringen! Ein Pirat kennt nunmal keine Geschlechter. Es wird nicht unterschieden ob derjenige männlich, weiblich, homosexuell, transexuell oder sonstwas ist.
2011-09-23 um 2:07 pm
Mexxer
Dazu muss man noch sagen: Vor 2 Jahren hatte der LV Berlin der Piratenpartei nur 50 Mitglieder. Inzwischen sind es schon über 1000. Lasst den Leuten doch bitte etwas Zeit… wenn bisher nunmal keine Frauen eingetreten sind, die bereit sind sich ins Amt wählen zu lassen, dann kann die Piratenpartei das auch nicht ändern.
2011-09-23 um 2:17 pm
Eve Maria
„sonst steht ihr wie Bärbel Höhn vorm Wahlergebnis und sagt: „Aber wir haben doch auch Leute die Twittern!“.“
Tja – damit hat die Gute das ganze Dilemma Der Grünen auf den Punkt gebracht….
..denn diese waren von Anfang an gegen das Internet – ganz offiziell als Partei – vertreten durch ihr Bundesarbeitsgemeinschaft „Computer & Neue Medien“ und man hat jegliches Gewächs in Richtung Internet in der eigenen Partei schon Anfang der 90er Jahre regelrecht „ausgerottet“
(ich bin u.a. persönlich davon betroffen gewesen)
Dass man damit den politisch aktiven Teil der Computerszene vor den Kopf gestossen hat – dürfte sich ja von selbst verstehen.
Leider wäre eine Gründung Der Piraten vor 10 Jahren schon nötig gewesen – aber besser später als nie.
Und solange es ein zentrales gemeinsames Ziel gibt – treten Einteilungen wie „links“ „mitte“ oder „rechts“ in den Hintergrund…
..aber bitte bedenken – die sind nicht weg sondern nur „gedeckelt“
Ansonsten noch viel Erfolg!!
Eva Maria
2011-09-23 um 2:31 pm
Eve Maria
@Mexxner
„Ein Pirat kennt nunmal keine Geschlechter. Es wird nicht unterschieden ob derjenige männlich, weiblich, homosexuell, transexuell oder sonstwas ist.“
So lange dies alles in einen neumodischen „Gender“-Topf geschmissen wird – so lange können Menschen wie ich NICHT dieser Partei beitreten – höchstens die wählen.
Warum??
Gerade dieser „Einheitsbrei“ ist die grösste aller Diskriminierungen – auch wenn sie unbewusst erfolgt – es verkehren sich aber leider die guten Absichten ins Gegenteil.
Geschlecht ist eben was „biologisches“ und nicht nur etwas „soziales“ – ebenso ist „Geschlecht“ nicht mit „Geschlechtsverkehr“ (Sex) zu gleichzusetzen.
Man möchte modern sein und ist es leider in dieser Hinsicht NICHT!
Alles Informationen dazu gibt es übrigens auch im Internet
*ironie*
2011-09-23 um 2:59 pm
Mexxer
Es ist ein biologisches Problem – da geb ich dir Recht! Aber ich glaube nicht, dass die „Frauenquote“ die geeignete Lösung dazu ist. Das schöne bei der Piratenpartei ist ja, dass sich Frauen gar nicht ins Amt wählen lassen müssen, um die Politik der Partei mitzugestalten. D.h. bei Fragen und Themen, die die Frauen stärker betreffen als Männer können diese sich einbringen, mitreden und mitgestalten. Die Amtsträger sind dann ja nur die Leute, die diese Entscheidungen, die von der Basis getroffen wurden im Parlament vertreten. Und eine Frau kann sich so auch sehr gut von einem Mann vertreten fühlen. Da Bedarf es keine Frauenquote bei der Kandidatenaufstellung.
2011-09-23 um 3:30 pm
Steuervereinfachungen kommen – sollten die Piraten das auch können? « Piraten-Denkstube
[…] Eigentlich dürfte es zumindest ideologisch kein Problem sein, schließlich haben die meisten von uns den Anspruch nicht in Schubladen zu denken. […]
2011-09-23 um 3:54 pm
Nils
Mexxer: „Ja die Piraten haben ein Frauenproblem und noch relative wenige davon, die sich in der Partei engagieren.“
Jaaa, mehr will ich doch gar nicht! Volle Zustimmung!
„Aber es liegt auch an den Frauen das zu ändern und sich mehr einzubringen!“ Auch hier: Volle Zustimmung! Bascha Mika, Chefredakteurin der gerade mal wieder wegen eines Gender-und-Piraten-Artikels geshitstormten taz, hat das in ihrem Buch „Die Feigheit der Frauen“ gut und provokant auf den Punkt gebracht.
„Und da soll man dann nur für den Zweck eine Frau mehr im AGH zu haben einfach einen kompetenteren männlichen Pirat zur Seite drängen nur damit man die Frauenquote erfüllt?“ Hä? Das ist der übliche Reflex, der die Gender-Diskussion innerhalb der Piratenpartei so mühsam (für mich) oder abschreckend (für viele mir bekannte Menschen, besonders Frauen) macht. Ich habe weder eine Quote gefordert, noch habe ich verlangt dass jemand Inkompetentes aufgrund des Geschlechts in ein Parlament gepäppelt wird. Wo hast Du denn den Strohmann hergezaubert?
Eigentlich wünsche ich mir nur 2 Sachen: Erstens dass wir innerhalb der Piratenpartei ganz unaufgeregt einsehen dass das Geschlecht eine vielleicht rhetorisch in unserem Programm, aber nicht in unserer politischen Praxis überwundene Kategorie darstellt. Realität 1, Programm 0. Aber das Spiel wurde ja gerade erst angepfiffen.
Zweitens wünsche ich mir, dass wir uns davon ausgehend überlegen, wie wir Frauen wirksamer als bisher für die Partei begeistern und die, die schon drin sind, effektiver aktivieren können. Da gibts ein paar Ansätze, aber die kann man eben nur verfolgen wenn wir die Blindheit vor dem Problem endlich ablegen.
Der Shitstorm bei der taz (siehe Link oben) zeigt mir leider, dass meine Parteifreunde und -sympathisanten bei den Piraten noch Lichtjahre davon entfernt sind. Das ist umso betrüblicher als Piraten sonst so charmant darin sind, Wissenslücken einzugestehen und zu versichern dass man schon daran arbeite sie aufzufüllen. In der Genderdebatte hingegen sind wir alles mögliche – außer charmant.
2011-09-23 um 4:08 pm
Mexxer
Okay, Nils dann hab ich wohl deinen Kommentar etwas fehlinterpretiert. Lag wohl daran, dass du mit dem 14:1 Verhältnis kamst und dann meistens immer direkt eine Frauenquote gefordert wird. Mein Fehler. Ich stimme mit dem was du gerade nämlich geschrieben hast zu 100% überein. 😉
Die Piratenpartei muss sich definitiv mit dem Thema mehr auseinandersetzen als bisher und mehr Frauen zum mitmachen anregen.