Die niedersächsischen Piraten haben bei ihrem letzten Landesparteitag in der Halle eine »Private Zone« eingerichtet. Das führte zur Empörung bei diversen Presseorganisation. Wenn man mal davon absieht, dass die originäre Ansage, die eher danach klang, dass man die Presse und nicht die Aluhüte einpferchen wollte, eher suboptimal formuliert war, wundert es mich ehrlich gesagt, dass selbst nach dem Parteitag das Thema immer noch mit in den Berichten steht. Denn eigentlich ist das Thema schon ziemlich aufgebauscht. Deswegen kurz mal je eine Ansage in beide Richtungen.
Fürs erste liebe Piraten, ihr könnt auf dem Parteitag nicht mit der Privatsphäre argumentieren, das ist nicht euer Wohnzimmer. Und auf dem Parteitag kann es immer passieren, dass ein Journalist etwas für berichtenswert erachtet, was in eurer Nähe passiert.
Wir können nicht immer erzählen wir wollen das mit der Basisdemokratie machen, wir wollen das alle Menschen an politischen Entscheidungsprozessen teilnehmen und dann immer sagen: filmt die Vorstände, dass sind die Politiker, ich bin nur einfaches Parteimitglied. Wir verzichten auf Delegierte und machen Mitgliederversammlungen. Das heißt aber eben auch, das jedes Parteimitglied damit jetzt Politiker ist und die Maßstäbe für politische Transparenz zumindest im Rahmen des Parteitags natürlich auch für alle Mitglieder gelten.
Aber lieber Presse, so sehr ihr im Kern natürlich recht habt, findet ihr nicht, dass das Ausmaß der Empörung schon etwas arg übertrieben ist? Denn die »Private Zone« ist jetzt echt keine Beschneidung der Pressefreiheit. Ihr könnt alles was ihr für berichtenswert haltet berichten, ihr könnt uns loben und uns zerreißen. Ihr könnt auch berichten wie sehr die Nierdersachsen beim Aufstellen von Wahllisten failen, weil sie tatsächlich minderjährige akkreditieren. Das nimmt euch doch keiner weg.
Ich verstehe tatsächlich nicht, was verloren geht, selbst wenn man auf Aufnahmen in einem bestimmten Bereich des Parteitagsplenums verzichtet. Im Plenum passiert selten was berichtenswertes, die Aufnahmen werden meist nur für den allgemeinen Eindruck oder als Symbolbilder genutzt. Reicht es nicht wenn 2/3 des Plenums für diese Aufnahmen zur Verfügung steht? Mal Hand aufs Herz, die kleine Bitte die paar öffentlichskeitsscheuen Piraten nicht ohne Not in Großaufnahme aufzuzeichnen, macht euch eure Arbeit doch nicht wirklich schwerer, oder?
Bisher hatte ich eigentlich immer den Eindruck, dass die Zusammenarbeit von Presse und Piraten gut funktioniert. Wenn wir vielleicht einfach alle zumindest versuchen wo möglich etwas Rücksicht auf die Arbeit des anderen zu nehmen, kann das doch so gut weitergehen.
3 Kommentare
2012-07-24 um 2:56 pm
Klaus Peukert
Ich glaube ja, das eine kleine Bitte, das „hintere Drittel“ der Halle nicht ohne Nachfrage en detail zu filmen/knipsen deutlich hilfreicher gewesen wäre, als die konkrete Ausweisung verschiedener Zonen, die angesichtss der Kommunikation im Vorfeld mißverstanden werden musste.
Aber wie man hört, wars am Ende dann „halb so wild“. Traurig nur, das man sich nun selbst in den in dem Punkt eher positiven Medienberichten damit konfrontiert sieht, das man solche „Einschränkungen“ bisher „nur von der NPD“ gewohnt sei.
Es war mal wieder zu kurz gedacht und mies umgesetzt, so herrlich typisch piratig eben. Statt individueller, nachhaltiger und vor allem *effektiver* Lösungen (Privacyfolie etwa, die hilft auch außerhalb von Parteitagen) scheitert man beim Versuch eine universelle technische Lösung für ein soziales Problem zu finden
Viel Lärm um wenig, aber wenigstens haben wir ne kleine erste Debatte über den immer noch unentschiedenen Punkt „Ab wann ist man Politiker und wie lange Bürger“. Insofern wars ganz hilfreich.
2012-07-25 um 8:59 am
Woogpirat
Auf den ersten Blick klingt Andi’s Beitrag sehr vernünftig.
Wenn ich aber daran denke, das ich (auf dem Bundesparteitag) in Neumünster die Rednerin Marina Weisband kaum noch sehen konnte,
weil so viele Kameramenschen und Fotografen um sie herumstanden,
dann denke ich:
Es war richtig, das die niedersächsischen Piraten mal ein Zeichen gesetzt haben. Leider wurde es schlecht kommuniziert.
2012-07-25 um 3:39 pm
Oni
Die „private Zone“ war das hintere Hallendrittel. Die Fotografen hätten also um eine Rednerin genauso stehen können wie in Neumünster.