Der geschätzte Mitpirat Enno Lenze hat einen Artikel bei den Ruhrbaronen über die Piraten, ihre Position zum Urheberrecht und deren Umsetzung in der Gesellschaft gesschrieben. In diesem Artikel stecken sicher Wahrheiten, die viele von uns bereits aus den Augen verloren haben. Leider stecken darin auch Fehler, die gerade bei einem Piraten nicht mehr vorkommen sollten, da die Piratenpartei seit Jahren daran arbeitet diese zu beseitigen. Damit die auch diesmal nicht unwidersprochen stehen bleiben, erlaube ich mir diese kurze Replik.
Im Kern spricht Enno einen vollkommen richtigen Aspekt der ganzen Entwicklung an. Die Regelung, die Julia mit ihrem Verlag getroffen hat, mag für uns nicht ausreichend sein, aber sie ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Statt aber diesen Erfolg zu sehen, haben wir uns daran hochgezogen, dass es noch nicht genug war (war es auch nicht, das muss klar sein). Damit verschrecken wir aber Autoren und Verlage, die sich weiterentwickeln wollen und leisten unserem Ziel somit einen Bärendienst. Deswegen sage ich jetzt rückwirkend: Danke an den Knaus-Verlag für diesen Schritt. Ich hoffe die Entwicklung geht weiter in die richtige Richtung.
Dennoch muss ich zwei Sachen, die Enno so nebenbei in den Ring geworfen hat, nochmal ansprechen. Zum einen ist da folgender Pasus:
Ich sehe nicht, dass die privaten Kopien ein Problem für die Wirtschaft darstellen. Mit “privater Kopie” meine ich die Weitergabe von Daten zwischen Privatpersonen, auch über das Internet. Dabei werden die Daten von einem privaten Computer zu einem anderen – z.b. über das BitTorrent-Protokoll – übertragen. Ich meine damit keine Seiten wie Piratebay und keine Dienste, bei denen die Daten auf schnellen Filehosting-Servern im Internet hinterlegt werden.
Dass ich angesichts unserer Gründungsgeschichte und den Ereignissen um das Spectrial einem Parteikollegen nochmal erklären muss, dass The Pirate Bay nichts verwerfliches tut, hätte ich eigentlich nicht gedacht. Aber ich will es nochmal betonen: Auf The Pirate Bay werden keine Inhalte zum Download angeboten, sondern lediglich Torrent-Dateien, mit denen Nutzer zwischen privaten Computern bestimmte Inhalte tauschen können, nämlich über das BitTorrent-Protokoll. Zu sagen man hat kein Problem mit Filesharing über BitTorrent, aber mit Torrent-Verzeichnissen, ist ähnlich schizophren wie zu sagen, man habe zwar kein Problem mit Privat-PKWs mit Verbrennungsmotor, aber mit Tankstellen. Was die Sharehoster angeht, die mag ich auch nicht so wirklich (auch wenn man die Situation durchaus differenziert betrachten muss, aber dazu ein ander mal), aber wir Piraten stehen hinter The Pirate Bay.
Der zweite Punkt ist die Forderung, man müsse Alternativen aufzeigen, wenn man bestehende Modelle kritisiert. Auch wenn wir – die Piraten – das tatsächlich tun (wobei die Ideen nicht von uns sind, wir haben sie nur zusammengetragen), ist man nicht automatisch gleich in der Pflicht Alternativen zu liefern, nur weil man einen Zustand kritisiert. Die Frage wie jemand Geld verdient muss nicht von der Allgemeinheit beantwortet werden – und erst recht nicht in Gesetze geschrieben werden. Und nur weil bestimmte Geschäftsmodelle zu Auslaufmodellen werden, muss niemand dazwischen springen. Auch die Behauptung, die Gesellschaft wäre noch nicht soweit neue Geschäftsmodelle anzunehmen, kann ich übrigens nicht nachvollziehen. Ich denke man kann längst sehen, dass die Nutzer keine raffgierigen Geizhälse sind, sondern gerne ihren Beitrag für gute Werke geben.
Trotz dieser beiden aufgewärmten Fehlschlüsse am Rande ist Ennos Artikel im Kern immer noch sehr lesenswert. Vielleicht sollten wir Piraten wirklich versuchen etwas aus unserer Filter-Bubble zu kommen. Doch diesen Rat, kann man guten Gewissens auch auf der andern Seite der Debatte platzieren.
13 Kommentare
2012-10-05 um 1:41 pm
Johannes
kleiner sachlicher Fehler. Auf TPB kriegst du allermeistens keine .torrent-files, sondern nur noch magnet-Links, die eigentlich nur Prüfsummen zur Identifizierung der Metainformationen sind.
2012-10-05 um 3:04 pm
Andi
Ich wollte jetzt den Techtalk nicht aufmachen, aber du hast natürlich recht. Häufig gibt’s gar keine Torrent-Files mehr sondern nur noch Magnet-Links.
2012-10-05 um 3:10 pm
Enno Lenze
Wie gerade kommentiert: Völlig egal, weil es mir nicht um Technik sondern den wirtschaftlichen Aspekt ging.
2012-10-12 um 8:00 am
Mat11001
Das ist aber das grundsätzliche Problem der Idee der Piratenpartei „nichtkommerzielles Filesharing“ zu erlauben, weshalb ich auch nicht glaube, dass die Piraten damit Erfolg haben werden.
Ob irgendein ThePirateBay dabei noch einen Euro verdient, oder die Leute direkt eine Open-Source Software wie eMule verwenden, bei der die Suchfunktion direkt in das Tauschbörsenprogramm integriert ist, spielt für den Urheber dann auch keine Rolle mehr.
2012-10-05 um 3:09 pm
Enno Lenze
Hallo,
mich fragen hätte ein Missverständnis aus dem Weg räumen können. Ich möchte nicht zwischen Torrent-Dateien und den Verzeichnissen unterscheiden. Ich meine Explizit Piratebay. Wer mit Werbebanner für Russische und Polnische Frauenvermittlungen wirb und (sowiet die letzte Zahl, die ich las) 2 Millionen Umsatz im Jahr, wenn ggf. auch kein Gewinn macht, ist für mich nicht „privat“. Das war mein Punkt. Und „Wir Piraten stehen hinter Piratebay“ halte ich für Fragwürdig. Ich stehe hinter privatem Filesharing. Aber was genau „privat“ ist wurde eben nie im Details (oder gar als Legaldefinition + Kommentar) definiert.
Zum anderen sehe ich weiterhin ganz akut das Problem, dass ich mit den oft beworbenen Geschäftsmodellen derzeit, mit meinen Kunden, in dieser Welt, die Gehälter NICHT zahlen kann. Das ist Fakt. Punkt. Aus Sicht des Geschäftsmannes kann es mir doch völlig egal sein woher das Geld kommt mit dem ich sie bezahle. Wieso sollte ich mich also gegen zukunftsgewandte und gute Geschäftsmodelle stellen, wenn diese funktionieren würden? Aber ich arbeite ja Tag für tag in diesem Bereich und führe Tag für Tag die Gespräche mit Kollegen, Autoren usw. und da klappt es nicht. Wir können gerne einen weiteren Testlauf machen, wenn du ein Konkretes (und in Deutschland zulässiges, kein Fairpay) Modell nennen kannst.
Man könnte z.B. durch Crowdfounding einem Autoren die Rechte abkaufen und ein CC Buch machen. Um die ISBN und das Einstellen in die Shops kümmere ich mich gerne. Aber da will ich erstmal die Leute sehen, die das bei meinen Themen finanzieren.
Gruß, Enno
2012-10-05 um 3:51 pm
bartjez
Ahoi Freunde,
ja ich bin auch fest der Meinung das man privat von kommerziell klar trennen muss. Privates p2p muss erlaubt sein aber kein Hosten von Verzeichnissen auf Platformen die eben dadurch kommerziell für Werbelinks, etc. interessant sind.
Darüber muss man doch nicht diskutieren.
Logisch wäre es nicht!
Was ist mit Plattformen mit CC Inhalten?
Den da sind die Rechte mehr oder weniger eindeutig geklärt!
Ich versuch das gerade mit Fotos.
Die Information frei zugänglich und nutzbar zu machen aber gleichzeitig den Wert der kommerziellen Nutzung aus wirtschaftlichen Gründen sicher zu stellen. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Persönlichkeitsrechte. Z.Zt. befindet sich das Model in der Testphase. Und ist auch nicht primäres Ziel meine Tätigkeit in der SG Gestaltung jedoch ein zunehmend wichtiger wie man sieht.
cu bartjez
2012-10-05 um 6:05 pm
Robert
Naja, ganz so einfach wie das zuweilen daherkommt ist die Unterscheidung privat/kommerziell ja nun auch nicht. Spielen wir es durch: Angenommen, ich möchte jemandem im privaten Umfeld (Freund/Kumpel) eine Kopie von sagen wir einer Audio-CD zukommen lassen. Wenn ich die Datei(en) für ihn auf meinen Webserver oder seinen FTP-Server packe, dann wäre das nach den oben geäußerten Vorstellungen wohl „privat“. Wenn ich aber nicht über die entsprechende Infrastruktur verfüge und den Kram bei Rapidshare hochlade, ist es dann „kommerziell“? Schließlich verdient ja jemand dran. (Das tut mein Webhoster nebenbei auch.) Und wenn ich die Dateien einzeln per Mail schicke und zufällig bei einem Freemailer wie GMX bin, dann ist da auch in jeder einzelnen Mail Werbung drin. Ist das dann auch nicht mehr privat?
Die Antwort ist natürlich: „privat“ ist nicht das Gegenteil von „kommerziell“, sondern von „öffentlich“. Denn bei einer Kopie verdient immer jemand mit, und sei es der Hersteller eines CD-Rohlings. Ach ja, nebenbei verdient in der Theorie natürlich auch der Urheber mit – Stichwort Leermedienabgabe. Was man für die Privatkopiedebatte braucht ist vielleicht eine Abgrenzung zwischen öffentlicher Verbreitung (eben etwa Piratebay) und persönlicher Weitergabe.
Was den Punkt der noch-nicht-tragfähigen Geschäftsmodelle angeht, muss ich Enno rechtgeben. Jemandem, der auf politischer Ebene (as in: als Partei) etwas an gesetzlichen Regelungen ändern möchte, von dem kann ich sehr wohl erwarten, dass er nicht nur sagt, was schlecht ist, sondern auch, wie es besser geht. Und wenn ich als Gesetzgeber hingehe und ein Gesetz dahingehend ändere, dass sich plötzlich ganz viele Leute neue Geschäftsmodelle ausdenken müssen, weil sie sonst kein Geld mehr verdienen, dann ist das Gesetz ein Fall fürs Bundesverfassungsgericht.
2012-10-05 um 7:21 pm
bartjez
Doch Robert es ist sehr einfach. Es geht im Kern darum wo die Information zum privaten Teilen her kommt – von Dir persönlich oder von einer Suchmaschine die das Netz durchforstet. Wenn Du bsw. bei Dropbox ein kostenloses Konto hast und dort einen Song von X uploades für Freund Y – dann wäre in diesem Fall eine persönliche Email sinnvoll. „Hallo Y hier hör Dir das mal an – voll geil“ – Wenn Du das aber auf Facebook posten oder einen Tweet an deine 500 Follower sendest dann hat das nichts mehr mit privat zu tun.
2012-10-06 um 2:58 pm
Robert
bartjez: Das war im Wesentlichen, was ich mit „Abgrenzung zwischen öffentlicher Verbreitung (eben etwa Piratebay) und persönlicher Weitergabe“ meinte. Allerdings kann ich natürlich auch eine entsprechende – persönliche – Mail an fünf Leute schicken oder die Audience-Einstellung meines Facebook-Status auf ein oder zwei Personen begrenzen. Was ist da privat, was nicht mehr?
2012-10-06 um 3:50 pm
bartjez
Robert: Facebook habe ich nicht befürwortet. Facebook ist hochkommerziel, und suggeriet vielleicht Privatsphäre. Es geht um die Verhältnissmässigkeit. Es geht um Auflärung und gesunder Menschenverstand. Und wenn Du gestern fünf Freund bei dir Zuhause gehabt hast und Du hast ihnen deine neue Musik, etc… gezeigt. Alle waren begeistert und wollen eine Kopie haben. Und wenn Du bereit bist denen das per Mail zukommen zu lassen. Ok! Möglicher weise kaufen sich dann zwei davon das Original. Weil sie den Mehrwert des originals haben wollen. Ne bessere Werbung kann der Künstler doch nicht bekommen als wenn Du sie persönlich machst.
Wie gesagt es liegt immer an der Verhältnissmässigkeit.
2012-10-06 um 5:52 pm
Robert
Es geht ja nicht darum, ob Facebook gut oder böse ist – natürlich ist Facebook böse. Und das mit der Verhältnismäßigkeit musst Du mir nicht erklären. Ich würde das im Zweifelsfall genauso wie beschrieben handhaben. Die Ausgangsfrage war eigentlich dir, inwieweit man das, was man meint, sinnvoll definieren kann, um es z.B. in einem Gesetzentwurd verwenden zu können. Oder konkreter: Reicht die Definition der „Privatkopie“ im UrhG aus, oder will man das anders definieren? (Ich meine das nicht bezogen auf die diversen Einschränkungen oder Dinge wie das Kopierschutzknackverbot.)
2012-10-10 um 1:28 pm
neuemodelle
Was ist eigentlich privates Filesharing? https://neuemodelle.wordpress.com/2012/10/09/von-privaten-piraten-und-offentlichen-toiletten/
2012-10-10 um 1:49 pm
bartjez
Was ist eigentlich Beschneidung?
https://andipopp.wordpress.com/2012/09/27/beschneidung-der-gesetzgeber-druckt-sich-vor-seinen-pflichten/