Es klingt ein bisschen nach Sommerloch-Thema, dass die Presse gestern über eine Forderung der Grünen nach einem Veggie Day in öffentlichen Kantinen berichtete (und zeigt mal wieder eine schöne Mediendynamik). Und wie so häufig wenn eine Diskussion um Essgewohnheiten losgetreten wird, reden leidenschaftliche Fleischesser und radikaler Vegetarier mit voller Wucht aneinander vorbei. Und dennoch, ist die die Diskussion über unsere Essgewohnheiten und deren Folgen eine wichtige, was Grund genug ist, trotz der Tatsache, dass der schlimmste Überwachungsskandal aller Zeiten über unseren Köpfen schwebt, einen kleinen Abstecher in dieses Thema zu machen.
Damit ihr meine Position in dieser Debatte etwas einordnen könnt, möchte kurz meine persönliche Meinung outen. Ich bin was Ernährung angeht ein ziemlich anthropozentrischer Mensch, für mich gilt: Tiere sind Futter, keine Freunde. Wahrscheinlich bin ich einer der wenigen, die bei einer Dokumentation über industrielle Hühnerschlachtung Hunger auf Chickenwings bekommen. Gleichzeitig versuche ich tatsächlich weniger Fleisch zu essen, vor allem rotes – der Gesundheit wegen.
Jetzt kommen also die Grünen (mal wieder müsste man eigentlich sagen) mit der Idee des Veggie Day um die Ecke. Dieser Veggie Day ist ein typisches Beispiel für Grüne Gluckenpolitik. Denn es gibt tatsächlich genug Gründe den Fleischkonsum zu reduzieren, aber bevormundend den Zeigefinger zu heben und zu sagen: »Einmal die Woche wird vegetarisch gegessen!« ist nicht die Art und Weise wie man als Politiker mit mündigen Bürgern umgehen sollte. Henrike Roßbach hat es auf den Punkt gebracht als sie schrieb:
Man muss nicht jeden Tag zwei Burger essen, findet die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt. Das stimmt. Aber man muss es dürfen
Da bringt es übrigens jetzt auch nichts, wenn die Befürworter des Veggie Days ebenso herablassend darauf hinweisen, dass es sich ja nur um eine Empfehlung handelt und keine Vorschrift. Bei allem was eine politische Partei fordert muss man im Zweifel davon ausgehen, dass es politisch durchgesetzt werden soll. Alles Relativieren ist hier einfach nur heuchlerisch.
Wenn man die verfehlte Politik der Grünen jetzt einmal hinten anstellt, kann man sich nun die Frage stellen, was für Gründe es gibt unseren Fleischkonsum zum Thema einer politischen Debatte zu machen. Ich habe hier einfach mal einen Flyer von Greenpeace herangezogen, der die folgenden fünf Gründe auflistet:
- Das Klima retten
- Flächen für Welternährung erhalten
- Artenvielfalt muss sein
- Böden und Wasser schützen
- Gesund leben
Ich muss gestehen, ich habe die Fakten hier nicht genau überprüft, aber es sind typische Argumente, die man für eine Reduktion des Fleischkonsums zu hören bekommt. Für diesen Artikel nehme ich daher an, dass es sich um valide Argumente handelt.
Die ersten vier Gründe lassen sich im Wesentlichen dazu zusammenfassen, dass Fleischkonsum umfangreiche ökologische und soziale Auswirkungen hat. Diese Auswirkungen sind im Preis des Fleisches aber nicht enthalten, gerade in Deutschland ist Fleisch ungemein billig und spiegelt die tatsächlichen Kosten im Form ökologischer Auswirkungen nicht wider. Es handelt sich um klassisches Marktversagen.
Die gängige Lösung dafür ist, diese Kosten in Form von Steuern auf das Produkt abzubilden. Das wäre grundsätzlich auch bei Fleisch möglich und es wirkt regulierend, ganz ohne Bevormundung. Thunfisch – den ich für mein Leben gern esse – ist aufgrund der Überfischung in den letzten Jahren auch teurer geworden. Eine Steuerung des Konsums über den Preis ist okay, ich will ja auch in Zukunft noch Thunfisch essen können, genauso wie ich gerne ungeschmolzene Polkappen und weniger Hungerleiden auf der Welt habe.
Eine Steuer hätte sogar den Vorteil, dass man nachhaltig erzeugtes Fleisch subventionieren kann, in dem man entsprechende Steuersenkungen einbaut. Der Preisunterschied zwischen Bio-Fleisch und Nichtbio-Fleisch würde sich entsprechend verringern. Das würde wiederum dafür sorgen, dass auch öffentliche Kantinen, die ja häufig jeden Cent bei einem Gericht umdrehen, vielleicht eher noch zu Bio-Fleisch greifen. Auch beim fünften Grund, der Gesundheit kann eine Steuer tatsächlich steuern, indem man das ungesunde rote Fleisch stärker besteuert als das gesündere weiße Fleisch.
Wenn man also politisch daran arbeiten will den Fleischkonsum zu verringern, dann muss die Problematik bis zum Schluss durchdenken. Da macht man sich vielleicht gar nicht so beliebt, weil es an den Geldbeutel geht und so kann die Forderung nach einem Veggie Day in den Augen eines Politikers im Wahlkampf gleich viel harmloser wirken. Und dennoch ist eine steuerliche Regulierung das Mittel der Wahl, mit der man mündigen Bürgern die Entscheidung immer noch selbst überlässt, während der Veggie Day etwas ist, dass man höchstens seinen Kindern vorschreibt und nicht seinen Wählern.
Wenn man wiederum der Meinung ist, dass der Umfang des Fleischkonsums in unserer Gesellschaft gut und richtig ist, erübrigt sich die Suche nach einer Lösung natürlich komplett.
Acknowledgement: Danke an @die_sylvi für die Idee zu diesem Beitrag
11 Kommentare
2013-08-06 um 9:35 am
Sebastian Paul
Wenn Fleisch aufgrund von Subventionen billiger wird ist das nicht Marktversagen sondern staatliche Einmischung. Ohne diese würden die Preise immer den Ressourcenverbrauch im Preis beinhalten.
Abgesehen davon, was willst du denn von der „Verbotspartei“ Nummer Eins erwarten.
Ich habe für mich festgestellt dass Fleischkonsum gesünder ist als vegetarismus. Sollte ich mich irren trage ich die Folgen mit Überzeugung, denn es war meine Entscheidung.
2013-08-06 um 10:12 am
cmrcx
Den Vorwurf, die Leute dürften dann nicht mehr essen, was sie wollen, halte ich für vollkommen unsinnig. Es geht hier doch um Kantinen, wo es typischerweise jeden Tag nur wenige verschiedene Gerichte gibt. Niemand kann dort essen, was er gerade will. Man wird immer mehr oder weniger genötigt, eines der angebotenen Gerichte zu essen oder eben darauf zu verzichten.
Die Geschmäcker unterscheiden sich auch nicht nur zwischen Fleisch ja/nein, sondern viele Menschen mögen verschiedene Speisen nicht oder dürfen sie wegen Allergien, Verdauungsproblemen, sonstigen gesundheitlichen oder auch religiösen Gründen nicht essen. Eine Kantine muss deshalb versuchen, diese Geschmäcker möglichst unter einen Hut zu bekommen. Zwangsweise bekommt dann nicht jeder jeden Tag das, was er am liebsten mag. Vor diesem Hintergrund sich darüber aufzuregen, wenn es an einem Tag in der Woche kein Fleisch gibt, ist an Ignoranz nicht zu überbieten.
Ich mochte Fleisch noch nie, komme aber regelmäßig in Situationen, wo ich nur die Wahl habe, entweder Fleisch zu essen oder nur vielleicht die Beilagenkartoffeln. Sehr nett dabei sind dann auch die Bemerkungen von irgendwelchen Halbe-Sau-essenden Idioten, nur das wäre ein richtiges Essen.
Damals in der Schule gab es immer nur ein Gericht. Mittwochs Mehlspeise, Freitags oft Fisch und sonst meistens Fleisch. Es ist schon schlimm, dass die Fleischesser nicht jeden Tag ihr Fleisch bekommen haben.
2013-08-06 um 10:28 am
Andi
Ich stimme deinen Prämissen vollkommen zu, aber irgendwie komme ich zu einem anderen Schluss. Eine bestimmte Gruppe von Speisen zu verbieten macht die Möglichkeit für jeden was zu finden halt nicht einfacher. Du findest es blöd wenn du nur Fleischgerichte kriegst. Versteh ich voll und ganz. Andere finden es halt genauso blöd nur vegetarisches u bekommen. Warum also dieser Rückschritt?
2013-08-06 um 12:11 pm
cmrcx
Doch, wenn es 1x die Woche kein Fleisch gibt, werden die Möglichkeiten, für jeden was zu finden, besser. Da haben dann nur die einen Nachteil, wie wirklich unbedingt *jeden* Tag Fleisch essen wollen. Das dürfte dann doch eher ein kleiner Anteil sein. Für alle, die ungern Fleisch essen, wird die Auswahl auf jeden Fall besser. Denn oft kann oder will man ja auch bestimmte fleischlose Sachen nicht essen. Wenn es nur ein Gericht gibt natürlich erst recht.
Man muss bei so einem Speiseplan einen Kompromiss machen. Bei 6x die Woche Fleisch und 1x kein Fleisch kann ich nicht erkennen, dass die Fleischesser zu wenig berücksichtigt sind.
Ich verstehe nicht, warum Du von „verbieten“ sprichst. Die Speisen, die an einem Tag nicht angeboten werden, sind doch nicht verboten. Das wäre ja sonst eine unendlich lange Liste von verbotenen Speisen.
2013-08-06 um 12:21 pm
Andi
Du bist also mit 6x die Woche nur Fleisch und 1x die Woche nur vegetarisch einverstanden?
2013-08-06 um 1:51 pm
Horst
Bio-Fleisch ist nicht besser für die Umwelt. Genau genommen sogar wesentlich schlimmer. Leider muss ich, als Bio-Evangelist, das sagen.
Kein Fleisch ist auch nicht gesund. Tatsächlich essen aber viele zu viel Fleisch und weniger wäre gesünder. Da kann man sich aber im Einzelfall prima streiten. Vegetarisch ist jedenfalls nicht per se gesünder.
Den VeggieDay halte ich für eine gute Idee. Eben als freiwillige Aktion. Die macht Politik durchaus, da gibt es viele Kampagnen, die auf Freiwilligkeit beruhen. Nimm doch nur mal die 5-am-Tag-Kampagne. Auch die beruht auf Freiwilligkeit und ist wenig erfolgreich. Zum Glück, weil 5 mal am Tag Obst und Gemüse ist ziemlich sicher ungesund.
Eine Steuer um den Fleischkonsum zu lenken? Ist das Dein ernst? Lebe so, wie Du bist. Aber esse nicht, was Du willst?
2013-08-06 um 2:15 pm
Andi
Du kannst essen was du willst, es geht nur darum die die externalisierten Kosten zu internalisieren oder einfach gesagt: Der Preis des Fleisches soll die ökologische Belastung widerspiegeln, welche durch die Fleischproduktion verursacht wird.
2013-08-06 um 2:28 pm
Horst
Das ist aber bei keinem Produkt so, auch bei keinem landwirtschaftlichen. Deswegen wird das nicht funktionieren. Eine VeggieDay-Kampagne, die vielen vielleicht zeigen kann, dass es auch leckere fleischlose Gerichte gibt, ist da viel besser. Ich verstehe auch nicht, wieso Piraten sich da auf Bild-Niveau begeben müssen, statt eine gute Idee einfach mal gut zu finden.
Ach, is‘ Wahlkampf. Klar, ne….
2013-08-06 um 2:51 pm
Andi
Jetzt wirst du unsachlich. Ich finde die Idee einfach schlecht. Es ist nicht die Aufgabe des Staates mir durch eine Vorschrift für Kantinenessen zu zeigen was für tolle fleischlose Alternativen es gibt. Ich bin ein erwachsener Mensch, wenn ich fleischlos essen will, dann kann ich das ganz allein.
2013-08-06 um 2:55 pm
Horst
Es geht doch nicht um ein Gesetz oder ein Verbot. Es geht nur um eine Aktion um auf das Thema aufmerksam zu machen. Und das ist schon die Aufgabe der Politik.
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/veggie-day-wie-man-aus-alten-fleischabfaellen-der-bild-zeitung-nachrichten-macht/
2013-08-15 um 7:16 am
aussteiger
vegan: der protest einer minderheit:
veganer sind keine normalverblödeten untertanen. veganes konsumverhalten ist ein protest gegen unser ungerechtes und menschenverachtendes system. es ist eine möglichkeit auf unsere kranke gesellschaft aufmerksam zu machen und die empörung und der protest einer minderheit. die veganer (ca. 2 % unserer gesellschaft) wollen die bedenkenlose zerstörung unseres planeten nicht länger hinnehmen.
http://campogeno.wordpress.com/2013/08/05/vegan-der-protest-einer-minderheit/