In der arabischen Welt geht es heiß her. Die Tunesier haben ihr Regime schon rausgeworfen, ohne ideologische Konflikte, einfach nur, weil das Volk Unterdrückung und Unfreiheit satt hatte. Während man in den westlichen Industrienationen noch über die schnelle und doch vergleichsweise friedliche Revolution staunt, greift der Wunsch nach Freiheit über. Derzeit ist es der ägyptische Präsident Mubarak, der wohl als nächstes in der Presse zum Diktator umtituliert wird, wärhend sein Volk auf die Straße geht. In Ägypten zeichnen sich wiederum Zustände wie nach der letzten Wahl im Iran ab. Die Regierung zensiert auf Teufel komm raus. Dies ist ein Wink mit dem Zaunpfahl, auch für Deutschland.

Während die Tunesier endlich Presse- und Meinungsfreiheit wollen und die Ägypter ihre WLANs öffnen, damit jeder frei und ungehindert ins Netz kann, tut unsere Regierung alles mögliche um genau diesen Zustand immer weiter einzudämmen. Nehmen wir doch nur das Beispiel der von der Leyenschen Netzsperren. Als wir da anführten, dass diese ein Zensurwerkzeug seien, da kam als Antwort man sperre doch nur Kinderpornographie, da kann man doch nicht von Zensur sprechen. Die dahinter liegende Problemstellung konnten oder wollten die Radiergummipolitiker dieser Nation nicht erkennen.

Die Infrastruktur, die ägyptische Behörden nun einsetzen um Twitter und Facebook zu blocken, wurde aus ähnlichen Gründen eingeführt: Moralerhalt, Terrorbekämpfung, Kinderschutz. Alles Ziele die dem Otto-Normal-Ägypter sicher lieb und teuer sind. Aber die Infrastruktur macht nunmal keinen Unterschied darin, was sie bekämpft. Schaut es auch an liebe Schäubles und von der Leyens, liebe Uhls und Guttenbergs, da seht ihr live und in Farbe, was das Monster, das ihr von der Leine lassen wollt anrichten kann. Und genau aus diesem Grund geht es bei der Diskussion um Netzsperren eben nicht um die Kinder und bei der Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung nicht um die Terrorbekämpfung. Es geht darum, welche Mittel einem demokratischen Rechtsstaat würdig sind und welche nicht.

Sie wollen uns erzählen, dass der Staat doch der Gute ist, der darf doch Daten sammeln und Informationen filtern, die privaten seien doch die bösen. Sicher ist private Datensammelwut ein Problem, aber die staatliche ist deutlich gefährlicher. Der Staat hat das Gewaltmonopol und erst in Verbindung mit der Staatsgewalt wird die Informationshoheit zum Pulverfass. Wenn ägyptische Polizisten Demonstraten verprügeln und niemand mehr eine Möglichkeit hat davon zu erzählen, dann ist die Unterdrückung perfekt.

Vielleicht sagen jetzt einige, dass ich paranoid bin und das sowas wie in Ägypten bei uns doch nie passieren wird. Aber mal ehrlich, wer kann zu einer Zeit, in der Menschen die Kriegsverbrechen aufdecken von denen gejagt werden, die sie begangen haben und in der friedlich protestierenden Bürgern die Augen mit Wasserwerfen zerfetzt werden, wirklich sagen, wie es in zehn Jahren aussieht? Natürlich niemand, aber ich kämpfe lieber jetzt als in diesen zehn Jahren zurückzuschauen und zu sehen, dass ich der Demonstrant auf der Straße bin, der von einem Polizisten tot geprügelt wird, während das Netz schweigt.