Ich sitze gerade hier und hadere mit mir, ob ich diesen Blogbeitrag überhaupt schreiben soll. Zum ersten geht mir das Gezanke um Liquid Feedback derzeit gewaltig auf den Sack (mehr dazu kommt noch), zum zweiten hätte ich noch genug andere Texte die ich verfassen möchte und an denen ich viel mehr Spaß hätte und zum dritten fahre ich grundsätzlich nur ungern Vorstandskollegen öffentlichen vor den Karren. Aber ich glaube Christophers letzter Post ist eher dazu geeignet Gräben zu vertiefen, denn sie zuzuschütten, da er auf durchaus beabsichtigt polemische Weise Liquid Feedback als alternativlos darstellt. Dem ist natürlich nicht so, aus diesem Grund möchte ich einmal ganz nüchtern die wirklichen Alternativen, die mir in den Sinn kommen erläutern.
Zuerst eine kleine Systematisierung. Christopher erläutert in seinem Blog die Vorteile von Liquid Feedback gegenüber einem klassischen Delegiertensystem. Dabei macht er natürlich in meinen Augen in unserer derzeitigen Situation einen grundlegenden Fehler, da Liquid Feedback ein Meinungsbildungstool ist und ein Delegiertensystem eine Alternative zur Vollversammlung ist. Anders gesagt: Beim einen geht es um Meinungsbildung, natürlich insbesondere im Vorfeld des Bundesparteitags, beim anderen geht es um Entscheidungsfindung. Das LF schon bereits als Heilsbringer für die innerparteiliche Demokratie verkauft wird lässt ehrlich gesagt tief blicken und wird der Problematik in meinen Augen nicht im geringsten gerecht.
Aber gut, ich wollte ja systematisieren. Im Großen und Ganzen gibt es für mich drei Sachverhalte in denen man Alternativen zu LF auflisten müsste. Der erste sind Alternativen in der Entscheidungsfindung (die meiner Meinung nach unbedeutendste Diskussion, aber auch dazu später in einem anderen Blogeintrag), dann die Alternativen zur Meinungsbildung vor einem Parteitag und schließlich noch ganz simpel die Alternativen zu LF als Tool.
Alternativen zum Tool
Dieser Absatz geht ganz schnell. Je nachdem wo man LF sieht gibt es natürlich eine ganze Latte an Alternativen. Man muss natürlich auch Liquid Democracy nicht zwingend implementieren. Es wurden auch innerparteilich bereits Alternativen aufgezeigt, wie LimeSurvey-Varianten und der Piraten-Sextant. Bei I-Voting hat man grundsätzlich das Problem, der Nachvollziehbarkeit gegen die geheime Wahl. Beides gibt es nicht, das wissen wir Piraten ja schon länger, deswegen sind wir ja so strikt gegen Wahlcomputer. Diese Fragestellung hält natürlich die Debatte um LF in Atem.
Alternativen in der vorbereitenden Meinungsbildung
Oder anders ausgedrückt: Alternative Bullshitbremsen. Keiner von uns kann zum Parteitag 200 Anträge durchackern und sich dabei extensiv eine Meinung zu bilden. Mann muss also entweder die Anzahl der Anträge reduzieren oder die Reihenfolge so festlegen, dass man abschätzen kann welche behandelt werden. Das Festlegen der Reihenfolge hat natürlich den entscheidenden Nachteil, das in vielen Varianten immer noch alle Anträge von den Reihenfolgefestlegern durchgeackert werden müssen, was bedeutet dass die Entscheidung was auf dem Parteitag dran kommt der Zeitelite (in anderen Kontexten gerne „Powergamer“ genannt) vorbehalten bleibt.
Eine Alternative hatten wir bereits in der Antragsfabrik. Diese hatte allerdings genau den Nachteil, dass man alle Anträge durchackern muss und die Abstimmung im Wiki durchaus auch nicht unbedingt von Transparenz zeugt. Allerdings schienen die Ergebnisse nicht so abwegig wie man meinen würde.
Die zweite Alternative, die wir auch schon durchprobiert haben, war das Alex-Müller-Verfahren. Es legt auch die Reihenfolge fest, aber hat den Vorteil, dass man im ersten lauf nur die Anträge die einem selbst besonders wichtig sind vorbereiten muss, damit man diesen sein Kreuzchen geben kann. Es ist im Blickwinkel dieses Artikels natürlich vollkommen sinnfrei, wenn es erst auf dem Parteitag selbst durchgeführt wird. Die Gefahr ist natürlich hier ebenfalls, das Leute, die selbst keine Aktien in irgendwelchen Anträgen haben, nur nach Überschriften abstimmen, weil sie nicht alle erfassen können, wie man beim letzten Bundesparteitag gesehen hat.
Als nächstes gibt es da natürlich noch die klassische Vorabstimmung, wie sie etwa mit Liquid Feedback möglich ist. Auch hier ist man natürlich nicht davor gefeit alle Anträge durcharbeiten zu müssen, dennoch gibt LF hier die Möglichkeit der Delegation, die ein Aufteilen der Arbeit innerhalb einer Gruppe ermöglicht. Probleme haben hier natürlich immer noch die Einzelkämpfer.
Auch öfter bereits innerparteilich angesprochen wurde die Bottom-Up-Methode. Hierbei müssen Anträge den Weg der Parteitage von unten nach oben durchlaufen. Im konkreten Anwendungsfall bedeutet dies etwa, dass Landesparteitage die x% der Mitglieder repräsentieren, einen Antrag unterstützen müssen bevor er auf den BPT behandelt wird (entsprechend könnte sich das nach unten fortpflanzen). Diese Methode hat viele Vorteile. Zum einen können sich Landesparteitage auch mit Bundesthemen beschäftigen (was sie anscheinend sehr häufig wollen) zum anderen sieht man einen Antrag mehrmals und früher als wenn er erst wie ein U-Boot zum Bundesparteitag auftaucht. Auch kann man einem Antrag höhere Chancen zurechnen, wenn er sich bereits bewährt hat. Der Nachteil ist ein deutlich höherer Aufwand für die Antragssteller, auch wenn man wiederum sagen könnte „It’s not a bug, it’s a feature“.
Last but not least gibt es die Vorquoren-Methode welche typischerweise im Unterschriften sammeln liegt. Ein Antrag braucht x Unterschriften um zugelassen zu werden. Diese Methode genießt mit der offensichtlichen Ausnahme die Vorteile der Bottom-Up-Methode und ist natürlich sowohl mit dieser als auch mit anderen kompatibel. Sie ist etwa bereits in Liquid Feedback implementiert.
Sonderfälle sind natürlich in allen Methoden immer möglich.
Alternativen zur Entscheidungsfindung
Hier kommt jetzt tatsächlich auch das von Christopher erwähnte Delegiertensystem ins Spiel, aber der Reihe nach.
Die klassische Methode in diesem Problemfeld ist die Vollversammlung. Sie hat den Vorteil, dass sie einfach implementierbar ist, hat aber auch gravierende Nachteile ab einer gewissen Größe der Vereinigung. Zum einen ist ab einer gewissen Mitgliederzahl natürlich irgendwann die kritische Masse erreicht, bei der man irgendwann 10 Stunden braucht nur um einen Vorstand zu wählen. Zum anderen existiert insbesondere bei hoher geographischer Verbreitung der Organisation das Problem der Nichtrepräsentation von verhinderten Mitgliedern.
Bei allen anderen Parteien bereits implementiert ist das klassische Delegiertensystem, dass wohl jeder kennt. Das Delegiertensystem kann alle Nachteile einer Vollversammlung beseitigen, begünstigt allerdings natürlich die Entstehung einer politischen Elite. Der Vollständigkeit halber muss gesagt werden, dass die Vollversammlung als klassisches Gegenmodell zum Delegiertensystem die Entstehung einer politischen Elite ebenfalls begünstigt, nur dass sie anstatt durch Wahl durch Zeit- und Geldkapazitäten entsteht (s.a. Stichwort „Powergamer“).
Eine Zwischenlösung der beiden erst genannten Varianten ist die Direktdelegationsmethode. Dabei kann jedes Mitglied bei Verhinderung seine Stimme per Vollmacht an eine andere Person übertragen. Dies wird dem zweiten Problem der Vollversammlung Herr, aber es verkompliziert die Versammlung extrem, da eine Vielzahl verschiedener Stimmgewichte auszuzählen ist.
Als Weiterentwicklung der Direktdelegation gilt deshalb die Misch-Delegation-Methode. Es handelt sich hierbei eigentlich um ein klassisches Delegiertensystem, mit einer Opt-Out bzw. Opt-In-Klausel, d.h. jedes Mitglied kann sich grundsätzlich entscheiden, ob es am Delegiertensystem teilnimmt oder sich selbst vertritt. Die Stimmgewichte und die Anzahl der Delegierten werden entsprechend der Teilnehmer am Delegiertensystem berechnet. Bei dieser Variante gibt es also nur 2 Stimmgewichte. Nach Deutschen Recht gibt es allerdings noch rechtliche Ungereimtheiten bei dieser Variante, die wohl nur durch einen Urteilsspruch ausgeräumt werden können. Des weiteren muss erwähnt werden, dass auch diese Variante genauso wie das Direktdelegationsverfahren, dem Problem der Parteitagsexplosion nur bedingt entgegenwirken kann.
Eine komplett andere Variante ist die klassische Urabstimmung, die normalerweise per Briefwahl oder per Präsenzwahl („Wahllokale“) abgehalten wird. Sie wird heute zum Beispiel immer noch bei Gewerkschaften für Streikentscheidungen eingesetzt. Sie genießt häufig die höchste Akzeptanz bei den Mitgliedern, ist allerdings entsprechend aufwendig und kann deshalb nur in niedriger Frequenz und dementsprechend bei wichtigen Grundsatzentscheidungen zum Einsatz kommen. Dies könnte bei einer Partei bei Satzungs- und Grundsatzprogrammänderungen der Fall sein.
E-Voting in jeder Form, d.h. auch das I-Voting im speziellen, hat wie erwähnt den Nachteil, dass manipulationssichere geheime Abstimmungen nicht möglich sind und scheint deswegen grundsätzlich ungeeignet zur allgemeinen Entscheidungsfindung. Ausnahmen sind natürlich dort vorhanden wo namentliche Abstimmungen durchführbar und gewünscht sind.
Fazit
Alternativen gibt es in meinen Augen also genug. Meine Aufzählung ist sicher nicht erschöpfend. Ich möchte dem geneigten Leser allerdings in diesem Rahmen selbst überlassen, sich seine Meinung über die Alternativen zu bilden.
PS: Orthographische Redigierung entfällt diesmal aus Zeitgründen. Ich bitte meine üblichen Rechtschreibfehler die sicher zur Masse noch im Text sind zu entschuldigen.
24 Kommentare
2010-07-31 um 8:05 am
Tweets that mention Die echten Alternativen zu Liquid Feedback « Andis Blog -- Topsy.com
[…] This post was mentioned on Twitter by Piratenmond-BY, P-Mond Exquisit, Piraten-Mond, Aleks A., Andreas Popp and others. Andreas Popp said: Die echten Alternativen zu Liquid Feedback: http://wp.me/pzNnf-ef […]
2010-07-31 um 8:26 am
Heiend
Danke für diesen Text!
Gruß
Heiko
P.S.: Rechtschreibfehler interessieren ja nur diejenigen denen die auffallen. Eine Frage der Toleranz 😉
2010-07-31 um 8:41 am
JanG
Hallo Andi,
dein Artikel enthält dann doch endlich mal tatsächlich das, was man sich unter der Überschrift „Alternativen“ auch vorstellt.
Vielen Dank dafür.
Jan
2010-07-31 um 8:43 am
Stefan
gute aufstellung. Ich würde noch das (theoretische) Konzept dezentraler Parteitag hinzufügen, das ich für unsere Partei aber leider noch in weiter Ferne sehe, da sich unsere Politikkultur stark ändern müsste. Aber als Vision sollte man es nicht aus den Augen verlieren.
2010-07-31 um 3:55 pm
Andi
Stimmt daran hätte ich eigentlich noch denken können. Ich werd versuchen den im folgenden nicht zu vergessen. Danke für den Hinweis.
2010-07-31 um 8:52 am
Kungler
Gute Zusammenfassung.
Ich würde zur Misch-Delegationsmethode ergänzen, dass diese IMHO nur zu einer rudimentären Reduktion der Teilnehmerzahl auf BPTs führen würde, da gerade die Aktiven ja nicht als „Stimmvieh“ anwesend sein wollen, sondern um tatsächlich mitzudiskutieren. Sprich: Die Teilnehmerzahl würde vielleicht von 1000 auf 800 sinken, die Zahl der repräsentierten Piraten durch die „mitgegebenen Stimmen“ dafür aber von 1000 auf geschätze 2500 steigen. Ob die Dauer der Vorstandswahl dadurch aber auch nur um eine Minute kürzer ausgefallen wäre, bezweifle ich.
Die Lösung für ausufernde BPTs ist daher m.E. nicht LF oder ein Delegiertensystem, sondern vielmehr ein strafferer Ablauf z.B. durch Begrenzung der Gesamtzahl an Fragen an die Kandidaten auf dem BPT und stattdessen eine systematische Befragung in Bild und Ton vorab. Auf dem BPT stellt sich der Kandidat nochmal in maximal 3 min vor – und dann wird gewählt. Ähnliches gilt für Programm- oder sonstige Anträge: Dazu könnte ein Pro-Vertreter die Argumente für den Antrag in 90 Sekunden vortragen, ein Contra-Vertreter die Argumente dagegen ebenfalls in 90 Sekunden – und dann wird abgestimmt.
Kurzum: Wir müssen die DISKUSSION aus dem BPT herausverlagern und uns dort auf die ABSTIMMUNG fokussieren.
Ansonsten gestatte man mir noch den Hinweis, dass ich die Probleme bei LF weniger in Datenschutz etc sehe, sondern eher in der IMHO noch alles andere als benutzerfreundlichen Bedienungsoberfläche. Diese muss auch für Nicht-Nerds möglichst niedrige Barrieren zur Teilnahme bilde, und da ist noch viel (Webdesign- und Nutzerführungs-)Arbeit zu leisten.
Gruß
Matthias
2010-07-31 um 3:59 pm
Andi
Deinen ersten Punkt meinte ich eigentlich mit „Des weiteren muss erwähnt werden, dass auch diese Variante genauso wie das Direktdelegationsverfahren, dem Problem der Parteitagsexplosion nur bedingt entgegenwirken kann.“
Eine extensive Vorbereitung des Parteitags ist sicher wünschenswert, aber ich bin nach Bingen der Auffassung, dass ein schnelles „Durchvoten“ der Anträge bzw. Wählen der Kandidaten eher negative Auswirkungen hat. Ich habe es ja selbst gesehen, beim Programmtrennungsantrag und den anschließenden Reaktionen am Sonntag.
Ich denke der wichtigste Punkt ist sich einfach davon zu verabschieden, das man alles auf dem Parteitag behandeln muss. Man macht was man schafft, der Rest muss warten. Die Krux liegt tatsächlich in der Vorauswahl.
2010-08-02 um 3:00 pm
Rainer Klute
Programmanträge im 3-Minuten-Takt praktisch diskussionslos abzustimmen, geht gar nicht. Wir sollten fordern, daß ein Antrag bereits im Vorfeld »genügend« diskutiert worden ist, bevor er zur Abstimmung auf dem BPT zugelassen wird. Allerdings wäre auch zu diskutieren, was denn »genügend« bedeuten soll. Reicht Liquid Feedback? Oder fordern wir zusätzliche RL-Diskussionsrunden, beispielsweise auf verschiedenen Landesparteitagen?
2010-07-31 um 10:04 am
derda
Als Alterantive zum Delegiertensystem wäre es auch möglich, dass jeder Pirat, der z. B. zum BPT kommen möchte, eine bestimmte Anzahl an Vollmachten von anderen Piraten vorweisen muss. Dann gäbe es auch keine unterschiedlichen Stimmgewichte, weil jeder z. B. fünf Stimmen akkumuliert hat, also hat jeder „eine“.
2010-07-31 um 4:01 pm
Andi
Das entspräche IMHO einem einfachen Delegiertensystem mit einer Delegiertenquot von 1:5. Hier könnte man auch gleich einen KV mit 20 Mitglidern 4 Leute entsenden lassen, ist weniger Bürokratie ^^
2010-07-31 um 11:31 am
Justus
Hi Andi,
mal als Vorschlag um diesen ganzen Quatsch mit der „wir müssen veröffentlichen um Manipulation zu verhindern“-Rhetorik aufzuräumen:
wie wäre es so eine Art „Kassenprüfer“ für LiquidFeedback auf dem BPT zu bestimmen?
Wenn diese Vorgehensweise für unsere Finanzen ausreicht sollte sie ja wohl für ein stinknormales Meinungsbild ausreichen.
Dafür kann man dann auf die veröffentlichung der Ergebnisse via SQL Dump und einige andere Dinge die der Nachvollziehbarkeit dienen sollen verzichten (da das alles ja sowieso von zweifelhaftem Nutzen ist).
Gruß,
Justus
2010-07-31 um 12:27 pm
Stephan Eisvogel
Als Kind hab ich mit so 4 oder 5 Jahren mal in eine Zitrone gebissen. Mann war das widerlich: Total sauer, brrr. Ungeniessbar! Heute weiss ich: Das gehört politisch natürlich in einen Tequila Sunrise reingemixt um wohlschmeckend zu werden.
Die Liquid Feedback Protagonisten haben im Vergleich zu Mutter Natur jetzt aber einen großen Nachteil: Die raffinierte Kompaktheit und Verständlichkeit des Designs von so einer Zitrone lässt sich nur schwer im Sinne von Darlegen und Verkaufen an ein technisch nicht über alle Maßen versiertes Publikum bringen.
Eine immer ziehbare „analoge Option“, das LF komplett nicht zu beachten und keine Nachteile daraus zu erhalten, wurde bisher nicht mitverkauft. Dass man, wie von einigen auch aus Bayern gefordert, entwicklungstechnisch nicht durch Fingerschnippen eine auch gegen Fehlbedienung resilientere Form von Pseudonymisierung hinzaubern kann, ist wegen der Komplexität des Systems verständlich, aber das haben die Kritiker auch nicht zu verantworten.
Notwendig ist es auf jeden Fall. Zitat von http://www.zerohedge.com/about: „Anonymity is a shield from the tyranny of the majority. it thus exemplifies the purpose behind the bill of rights, and of the first amendment in particular: To protect unpopular individuals from retaliation — and their ideas from suppression — at the hand of an intolerant society. The right to remain anonymous may be abused when it shields fraudulent conduct. But political speech by its nature will sometimes have unpalatable consequences, and, in general, our society accords greater weight to the value of free speech than to the dangers of its misuse.“
Ansonsten stimme ich Matthias zu, dass Parteitage für Abstimmungen und nicht für Grundsatzdiskussionen oder stundenlanges Kandidatengrillen verwendet werden müssen. So eine GO zu etablieren ist jedoch sehr anspruchsvoll.
Noch jemand einen Sunrise?
2010-07-31 um 4:04 pm
Andi
Ich finde schon, dass man dem Parteitag noch Zeit geben muss, aber diese Zeit muss abschätzbar sein. Das heißt es ist wichtig Debatten statt Diskussionen zu führen, das heißt vor allem, dass die Debattenteilnehmer sich vorbereiten sollten. An einem Entwurf für eine passende GO arbeite ich bereits. Das Gerippe steht hier: http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:AndiPopp/GO_BPT – Fehlt halt noch die Wahlordnung.
Eine saubere Vorauswahl der Anträge ist natürlich auch hier unabdingbar.
2010-08-01 um 11:56 am
Stephan Eisvogel
Habe deine GO gerade überflogen und kann nur sagen, es wird unkalkulierbar und wie Bingen: „Der Antragsteller begibt sich zum Stellen harter GO-Anträge zu einem der Saalmikrofone und hebt beide Hände. Der Versammlungsleiter erteilt dem Antragsteller bei nächster Gelegenheit das Wort. Der Antragsteller bennent seinen Antrag und begründet diesen kurz.“
Ich persönlich, und ok das ist schon eine sehr harte Sichtweise, würde jemand nur dann mehr ans Mikro lassen, wenn er entweder vorn auf der Bühne steht und z.B. einen 5-Minuten Rede-Slot hat, oder wenn er schriftlich, mit sagen wir Quorum 20 die da drauf unterschrieben haben, an die VL-Adjutanten einen GO-Antrag heranträgt, der dann von der Versammlungsleitung genehmigt werden kann oder auch nicht (begründet).
Ich will mich nicht mit jedem GO-Antrag auseinandersetzen ob das jetzt ein gültiger und auch mit den Gesetzen vereinbarer Antrag ist, sondern ich fahre nach Chemnitz um unsere Position im Bund zu Afghanistan mit abzustimmen. Dank 100% Transparenz kann man nach Chemnitz ja nachsehen, ob die VL Anträge zu unrecht abgebügelt hat, dann waren sie in Chemnitz halt das letzte Mal in diesem Versammlungsamt wenn die Mehrheit das befindet.
Wenn wir es dann noch hinbringen im LF oder in AF oder mit Klaus-Müller-Verfahren die Top-50 der aussichtsreichsten Anträge rauszudestillieren und präferiert auf die TO zu setzen, bin ich nicht mal umsonst nach Sachsen gebrettert.
2010-08-01 um 4:03 pm
Andi
Habe gestern mit Ben gesprochen und der hat das auch bemängelt, dass das „Hebe zwei Hände und die Versammlung steht still“-Ding nicht mehr weiter gehen darf. Er hatte ein paar gute Ideen, ich versuch die mal umzusetzen.
2010-07-31 um 6:04 pm
Stefan Scholl
Vielleicht sollte man auf einem Parteitag über Liquid Feedback abstimmen. Wäre demokratisch.
Oh, oops!?
2010-08-03 um 12:17 pm
Ike
Die Leute auf dem Parteitag haben praktisch die Katze im Sack gekauft. Ich habe in der Zwischenzeit mit einigen Leuten gesprochen, von denen die klare Aussage kam, dass sie zu den 80% gehörten, die für LF gestimmt haben – die aber mit dem wie es jetzt umgesetzt werden soll, sehr unzufrieden sind. (Aber LF an sich schon gerne eingesetzt sehen würden)
Es wäre also falsch, auf die 80% zu pochen. Letztendlich müsste ein Parteitag die genauen Nutzungsbedingungen und möglichen Varianten beschließen – nur dann könnte man auch sagen, wo die Mehrheiten liegen.
Ein Kompromiss wäre, jetzt mit LF zu starten und auf dem kommenden BPT über die weitere Zukunft von LF zu entscheiden (aber erst, nachdem die programmatischen Punkte bearbeitet wurden)
2010-07-31 um 8:53 pm
NineBerry
Ein Aspekt fehlt da, für den ich bisher noch keine Alternative sehe:
Bereits während der Entstehung eines Antrags können permanent Meinungsbilder eingeholt werden, um zu sehen, welche Einzelaspekte Mehrheiten finden. Es ist so schwieriger, in Anträgen Teilaspekte zu „verstecken“ bzw. zu integrieren, die dann nur eine Stimme bekommen, weil dafür stimmen besser ist als gar nicht.
2010-07-31 um 9:19 pm
Wobble
Bezüglich anonym und Wahlen: http://wiki.piratenpartei.de/Anonymous_Id
Theoretisch geht das also schon.
Allerdings ist das mMn tatsächlich momentan nicht der Punkt an dem es brennt.
Wesentlicher ist es, dass die Diskussionskultur sehr im A**** ist. Jedenfalls in Berlin war teilweise die ML nicht zu gebrauchen und ich hab gehört in anderen LVs ist es auch nicht besser.
Leider leistet LF diesem Problem auch keine Abhilfe, da man da nur abstimmen kann und nicht diskutieren.
Was man also braucht ist eine trollresistente Diskursplattform. Ansätze gibt es ja schon (siehe OpenArgument ).
2010-08-01 um 10:55 pm
aloa5
Mit „geheim“ ist nicht nur „nicht namentlich“ gemeint sondern u.a. auch das man nicht erpressbar, käuflich usw. sein darf was dadurch gesichert wird das niemand wissen darf was man gewählt hat. Etwas was wegfällt wenn zu Hause abgestimmt wird. Daher hat das BVerfG die Briefwahl nur als Ausnahme und als Ergänzung zugelassen.
Die Diskussionskultur ist nicht einmal so tragisch. Problematisch ist, das man sich locker zu 50 über ein absurdes Tool streiten kann, sich aber im Regelfall keine 5 zu einer Diskussion oder gar Ausarbeitung über etwas politisch werthaltiges(tm) zusammenfinden lassen.
@nineberry
Das kann die Antragsfabrik auch. Aber auch dort sieht man bereits das die Masse der Anträge und Antragsvarianten gar nicht mehr gesichtet werden bzw. aufgrund der Masse auch gar nicht mehr gesichtet werden können.
Daher ist es eminent wichtig das Anträge welche in eine vorgelagerte Abstimmphase kommen bereits ordentlich ausformuliert und ausgearbeitet sowie begründet wurden. Ein dort vorgelagertes Quorum entlastet uns von einer ganzen Reihe an Arbeitszeit.
Eine Diskussionsplattform (und nicht etwa eine Abstimmungplattform) ist nützlich um die Anforderung an das Quorum und einer sauberen Ausarbeitung zu erfüllen.
@Andi
Ich lese immer „Parteitagsexplosion“. Ich sehe kein Problem mit einer 1000er Veranstaltung klarzukommen. Die ist nicht schwieriger als eine 500er oder 200er. Am letzten Parteitag hätten ausgesuchte 50 ausgereicht um die Veranstaltung ebenso ablaufen zu lassen.
Ich teile das mit der GO. Man darf aber dabei nicht vergessen das am letzten Parteitag so um die 75% der verschwendeten Zeit in den Beiden Tagen gerade Mal gar nichts mit Programmatik zu tun hatte. Wenn Ihr an GOn herumbastelt würde ich Euch nahe legen Euch den Personalfragen zu widmen.
Grüße
ALOA
2010-08-06 um 5:56 pm
Westernis
Es gibt wohl sehr bald noch eine weitere Alternative zu LQFB: Pivote http://forum.piratenpartei.ch/viewtopic.php?f=149&t=2256
schauts euch mal an
2010-08-10 um 5:44 pm
Bastiaan Zapf
1. Anonymität
Nicht alle Abstimmungen müssen Anonym getätigt werden. Ich würde sogar sagen, dass Anonymität die Ausnahme sein sollte.
2. „I-Voting“
Ich würde kleine Einschränkungen machen bei dem Statement, „E/I-Voting“ sei nicht vertrauenswürdig machbar. Civitas scheint genau das mit der Hilfe von Krypto-Voodoo zu bieten.
3. Sortierung
Überhaupt steckt viel Macht in der „Sortierung“ der Beiträge, ob es nun um die reine Reihenfolge geht, oder um „Gruppierungen“ oder „Delegation“ in irgendeiner Form.
Allgemeines:
– Bitte das Los als Entscheidungsvereinfacher nicht vergessen. Die Reihenfolge, in der Anträge bearbeitet werden (auch auf Formularen), könnte gelost werden. Das wäre maximal chaotisch, aber mE auch maximal gerecht.
– Ich halte Liquid Feedback zwar für nützlich, aber nicht für der Weisheit letzter Schluß.
2010-08-10 um 8:48 pm
Matthias
Hallo Andi,
danke für den Text. LiquidFeedback als alternativlos darzustellen ist echt unterste Schublade, da es nur ein Stück Software und damit ersetzbar ist.
Dir ist aber ein Fehler in der Argumentation unterlaufen, vielleicht hast du es auch nur übersehen. Ohne lang drumherum reden zu wollen: Abstimmung über Satzungsänderungen bzw. Programmänderungen müssen nicht geheim sein. Daher ist E-Voting ist durchaus eine Option. Wenn man das sogenannte Bingo Voting-Verfahren benutzt, dann hat man sogar eine hinreichende Anonymität und Nachvollziehbarkeit erreicht. Dem Antrag auf geheime Wahl muss wohl auch nicht unbedingt statt gegeben werden, jedenfalls klang das im Gespräch mit unseren Satzungsfetischisten (positiv gemeint 🙂 so durch.
Einzig der Vorstand muss absolut geheim gewählt werden und dafür ließe sich ein Briefwahlsystem einführen oder Wahllokale in den Gliederungen aufstellen. Wir müssen einfach nur flexibler werden und vllt. davon wegkommen, dass wir einen BPT brauchen, an dem sich alle zusammenfinden.
Gruß
Matthias
2010-08-11 um 1:54 pm
Emanuel
Aus meiner Sicht hat Christopher mit dem Vergleich zwischen LF und Delegiertensystem keinen „grundlegenden Fehler“ sondern unbeabsichtigt deutlich gemacht: LF ist für ihn eben nicht nur Meinungsbildungstool sondern soll zur Abstimmung und Wahl genutzt werden. Er verrät uns damit sein eigentliches Ziel und offenbart, dass seine anderslautenden Bekundungen in der Öffentlichkeit falsch sind. Ob er dann wirklich so ein Repräsentant einer „neuen“ Politik ist oder eben doch auch nur Machtspiele um Posten und Seilschaften betreibt? Ich bin gespannt.