Der CCC hat uns diese Woche eine neue Idee beschert: Die Kulturwertmark. Auf manchen Seiten schon mit Vorschusslorbeeren gesegnet, entpuppt sich das ganze allerdings ziemlich schnell als alter Wein in neuen Schläuchen.

Das Konzept der Kulturwertmark ist im Prinzip nichts anderes, als eine spezifische Implementierung der Kulturflatrate. Eine (weniger bedeutende) Kritik an der Kulturflatrate lag darin, dass eine Verwertungsgesellschaft etabliert werden müsste, die dann über die Verteilung der Gelder entscheidet. Die Kulturwertmark geht genau dieses Problem an, indem sie dem Verbraucher die Hoheit über die Verteilung des Geldes gibt.

Zu diesem Zweck wird eine digitale Komplementärwährung (eben die Kulturwertmark) eingeführt, die der Nutzer dann verteilen kann. Im Gegenzug soll das Urheberrecht dann digitaltauglich umgebaut werden: Keine Krimialisierung im privaten Bereich und eine Verkürzung der Laufzeiten, eigentlich genau das, was die Piraten seit 5 Jahren fordern. Als Bonus drüber hinaus, kann man durch genug »Konsum« das Werk sogar in die Allmende »freikaufen«.

Klingt gut, aber es gibt einen entscheidenden Haken: Die Kulturwertmark selbst ist natürlich noch nichts wert, sie muss sich aus der gesetzlichen Währung speisen. Das heißt, die Nutzer müssen in das System zuerst einzahlen, bevor sie Kulturwertmark ausgeben können. Die Frage ist, wie man den Verbraucher dazu bringt dort einzuzahlen. Wenn es auf Freiwilligkeit basiert, dann bleibt aus Sicht des Verbrauchers alles beim alten. Wenn er will zahlt er was, sonst nicht. Wie soll man diese Situation nun ändern? Die Antwort ist: Eine Zwangsabgabe muss her, z.B. eine Abgabe auf den Internet-Anschluss.

Jetzt sind wir wieder beim Kernproblem der Kulturflatrate, sie wird zu nichts anderem als einer Kultur-GEZ. Abgaben auf Internetanschlüsse für Urheber sind auch nicht besser als Abgaben auf PCs für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk oder Abgaben auf Autos für Kartoffelbauern. Die Idee »Wir verklagen euch nicht, wenn ihr uns Geld gebt« ist vom Prinzip her nichts anderes als Schutzgelderpressung und die Kulturwertmark ist ein Einknicken darauf.

Die Kulturwertmark ist im Prinzip ein staatlich zwangsverkaufter Kulturgutschein. Damit wird – wie vom CCC vollkommen richtig beschrieben – ein staatlich garantierter Mindestmarkt für Werke geschaffen. Die Leute können ihre Kulturwertmark für nichts anderes ausgeben. Es ist aber ein fundamental falscher Gedanke, dass irgendjemand das Anrecht hätte, dass der Staat ihm ein Mindestmarktvolumen sichert. Was machen wir, wenn demnächst der Automobilmarkt weiter schrumpft und die Abwrackprämie nicht mehr zieht, weil alle schon neue Autos haben? Erheben wir dann auch „Automobilwertmark“, die die Leute dann nur für Autos ausgeben dürfen?

Als Ausführung, ob man den Kulturmarkt überhaupt stützen muss, verweise ich auf einen etwas älteren Aufsatz von mir. Direktes Crowd-Funding ist sicher die bessere Alternative zur Kulturwertmark, vielleicht schreib ich da auch nochmal einen detaillierten Aufsatz darüber. Die Idee dazu findet sich in einem alten Artikel, den ich mal für die Musikpiraten geschrieben habe (Die Bezeichnung »Donor Projects« verstehe sich als Arbeitstitel).

Ganz nebenbei bemerkt, möchte ich kurz noch erwähnen, dass der CCC sich vielleicht nochmal überlegen sollte, ob er jeden Bürger dazuzwingenwill, an einer digitalen (und damit überwachbaren!) Währung teilzunehmen, auch wenn jeder sein Budget alternativ auch breit verteilen kann. (Edit: Sehe gerade bei iRights.info, dass es gut erforschte Konzepte für anonymes Micropayment gibt. Muss ich mir fast mal zu Gemüte führen)

Interessant wird übrigens die Reaktion der Verwerter. Wie viel die selbst von ihrem gottgegeben Recht auf »geistiges Eigentum«(sic!) halten, sieht man jetzt bald daran, für wie viel (Kulturwert-)Mark sie sich das abkaufen lassen 😉

Abschließend kann man sagen: Es ist lobenswert vom CCC Bewegung in die Debatte bringen zu wollen. Aber das klappt nicht, wenn man den zweiten Schritt – die Etablierung eines Verwertungsmodell – vor dem ersten – der Reformierung des Urheberrechts – machen will.