Als ich 2010 auf der Tagung »Besser Online« des DJV gefragt wurde, was denn eigentlich unser Problem mit dem Leistungsschutzrecht (für Presseverleger) sei, habe ich damals noch geantwortet, dass ich überhaupt erst mal gerne eine klare Ansage darüber hätte, welchen Zweck dieses Leistungsschutzrecht überhaupt haben soll. Heute – zwei Jahre später – gibt es einen Referentenentwurf. Da sollte man meinen, dass Sinn und Zweck des Leistungsschutzrechtes jetzt klar sind, oder? Leider ist man da weit vorbei. Bis heute haben sich im wesentlichen drei Begründungen gehalten, aber alle drei sind alles andere als stichhaltig.

Grund 1: News-Aggregatoren und Suchmaschinen verdienen mit der Leistung der Verlage Geld (»Lex Google«)

Vielen Zeitungsverlagen fehlt es auch im Jahr 2012 immer noch an einem ordentlichen Marketing-Konzept für das Web. Paywalls erweisen sich schlicht und ergreifend als Link-Killer, die Werbeeinnahmen brechen bei vielen Verlagen eher ein als das sie anziehen und ich sehe auch noch keinen großen Lobpreisungen auf den Hoffnungsträger Tablet-PC-App. Dass da neiderfüllte Blicke auf die Unternehmen wandern, die mit diesen Internet tatsächlich Geld verdienen, ist da nur nachvollziehbar. Deswegen sagen einige – wie z.B. der Axel-Springer-Verlag – dass Suchmaschinenbetreiber und News-Aggregatoren – allen voran natürlich Google – hier gefälligst Lizenzen für die sog. Snippets erwerben müssen.

Dieser Grund für das Leistungsschutzrecht ist in dreierlei Hinsicht unhaltbar. Erstens wird das Leistungsschutzrecht den Marktgiganten Google vollkommen kalt lassen. Google nimmt die Verlage einfach aus dem Suchindex wenn sie keine Lizenzen einräumen. Das einzige was passieren kann ist, dass sich die Verlage, wenn sie merken dass sie sich an Google die Zähne ausbeißen, auf die kleineren Google-Konkurrenten stürzen, die nicht die gleiche Marktmacht haben. Der einzige Gewinner wäre dann Google. Zweitens – und das muss ich an dieser Stelle wiederholen – gibt es schon längt eine technische Lösung für das Problem, welche die Verlage nur nutzen müssen, wenn sie tatsächlich nicht gelistet werden wollen. Und drittens sollte man sich die moralische Frage stellen: Ist es wirklich angebracht denjenigen, der Hits auf die eigene Seite bringt, dafür auch noch Geld abknöpfen zu wollen?

Grund 2: Bei anderen Werksarten gibt es auch bereits ein Leistungsschutzrecht

Wenn heute im politischen Kontext der Begriff des Leistungsschutzrechts fällt, dann sprechen wir meist vom Leistungsschutzrecht für Verleger. Leistungsschutzrechte gibt es aber als sog. verwandte Schutzrechte bereits jetzt im Urheberrechtsgesetz. Diese gibt es unter anderen z.B. für ausübende Künstler von Musik, sowie Tonträgerhersteller. Dies wird als Argument angeführt, dass die Zeitungsverleger ein solches Recht auch brauchen – zumindest für das Internet.

Wenn ich jetzt mal davon absehe, dass ich eher der Meinung bin, dass bei diesen verwandten Schutzrechten eher gilt »weniger ist mehr« (ein sauber definiertes Urheberrecht würde solche »Ausnahme-Tatbestände« überflüssig machen), kann man beim Leistungsschutzrecht für ausübende Künstler und Tonträgerhersteller die Intention zumindest noch nachvollziehen. Ich kann zumindest eine schützenswerte Leistung erkennen. Aber bis heute konnte mir niemand erklären wo die schützenswerte Leistung des Presseverlegers ist, die durch die Monopolisierung einzelner Wortschnippsel geschützt werden muss. Allein das technische Zugänglichmachen im Netz kann es nicht sein. Denn so leid es mir tut, dass technische Zugänglichmachen von Textinhalten ist im Internet jetzt echt keine große Leistung mehr, jede Geocities Homepage aus den 90ern mit blinkenden Hintergründen und Dudelmusik kann das. Was würde dann noch einen Presseverleger z.B. von wordpress.com (den Hoster dieses Blogs) unterscheiden?

Grund 3: Blogger und Social-Media-Dienste wollen wir auf jeden Fall nicht treffen (»Negativgrund«)

Die Befürworter des Leistungsschutzrechts werden nicht müde zu betonen, dass man es auf keinen Fall auf Blogger und Nutzer von Social-Media-Diensten abgesehen hat. Dass aber gerade hier Stolperstricke lauern und genau diese Nutzergruppen wohl dank dem Leistungsschutzrecht demnächst mit juristischem Ärger rechnen können, wurde bereits hinreichend erläutert.

Fazit

Das Leistungsschutzrecht entbehrt nicht nur jeder Grundlage (nicht mal »Google verdient mein Geld« zieht), es trifft auch explizit diejenigen, die es nicht treffen soll. Die Bundesregierung bindet uns einen Bären damit auf, wenn sie dieses Gesetz so verabschiedet. Dass das Gesetz nicht leisten kann was es soll und dazu noch die Gefahr von umfangreichem »Kollateralschaden« mit sich bringt, ist Grund genug diese Schnapsidee endgültig zu verwerfen.


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