Eine Idee von Sylvi und mir
Abstract
Liquid Democracy darf wohl mit Fug und Recht als erster großer Demokratieansatz angesehen werden, welcher die Piratenpartei begeisterte. Dennoch fielen Schwächen auf. Dieser Aufsatz beleuchtet drei dieser Schwachstellen genauer und wird eine Variante vorschlagen, welche diese beseitigen soll: Discrete Democracy.
Liquid Democracy ist eine tolle Idee, aber sie hat Schwächen. Die am meisten debattierte davon ist sicher die fehlende Möglichkeit zur geheimen Abstimmung. Ein System wie Liquid Democracy lässt sich lediglich elektronisch implementieren, eine geheime Wahl würde einen Wahlcomputer erzeugen. Diese Schwäche ist systemimmanent und bleibt damit eine Kröte, die man schlucken muss. Selbst mit offenen Abstimmungen, hat eine technische Lösung noch ein sehr hohes Missbrauchspotential, aber es gibt immer eine Grenze, an der man einfach auf die Integrität des Systems vertrauen muss, genau wie bei analogen Wahlen. Aus diesem Grund werden wir auf diese Kritik hier nicht eingehen.
Dennoch gibt es andere Schwächen, die man beheben kann. Drei dieser Schwächen wollen wir uns hier genau ansehen.
Problem 1: Die Kettendelegation
Die Kettendelegation ist die erste Schwäche. In einem System mit einfacher Delegation gebe ich meine Stimme an jemanden weiter, dem ich ein gewisses Vertrauen entgegen bringe. Bei der Mehrfachdelegation wird dieser Effekt chaotisch. Ich habe keine Kontrolle mehr darüber, wo meine Stimme landet. Vielleicht landet sie über ein paar Ecken bei jemandem, dem ich explizit nicht vertraue.
Die ursprüngliche Intention der Mehrfachdelegation war die Suche nach Experten. So mag man anführen, dass auch eine Stimmdelegation auf jemanden, dem man explizit nicht vertraut, zumindest bei jemandem landet, der sich auskennt. Doch auch dies hat der Feldversuch mit Liquid Feedback gezeigt, ist eher nicht der Fall. In der Praxis landen auch hier die Stimmen eher zufällig bei irgendwem. Wenn ich dies verhindern möchte, bleibt nur die Option selbst oder gar nicht abzustimmen.
Es wäre besser, wenn jeder genau kontrollieren könnte, bei wem seine Stimme landet. Die einzige Möglichkeit dies zu verhindern ist bisher sich in einer großen Gruppe zu organisieren. Da aber auch einzelne, das System leicht nutzen können sollen, wollen wir die Delegation so gestalten, dass der Nutzer von vornherein die grundlegende Kontrolle über die Delegation seiner Stimme hat.
Problem 2: Der Pareto-Effekt
Dieses Phänomen ist auch bekannt als Super-Delegierte oder der »maha-Effekt«. In frei schwingenden Systemen konzentrieren sich bestimmte Merkmale immer auf wenige Merkmalsträger (vgl. Wikipedia:Paretoprinzip). Die These ist, dass die Mehrfach-Delegation in Liquid Democracy diesen Effekt befeuert. So haben einige wenige bekannte Piraten sehr viele Delegationen auf sich konzentriert. Dies sorgt dafür, dass – besonders bei stark umstrittenen Abstimmungen – das Ergebnis nur noch von wenigen Personen – häufig gar nur einer – abhängt.
Diese »diktatorischen« Entscheidungen machen das System nun aber nicht nur weniger demokratisch, sondern erleichtern auch die Manipulation. Wenn nur einige wenige über das Ergebnis entscheiden, muss ich entsprechend nur diese Personen beeinflussen um meinen Willen zu bekommen. Dieser Effekt ist bei Liquid Democracy meist sogar stärker ausgeprägt als beim klassischen Delegiertensystem. Ziel sollte es sein, die Entscheidung auf mehrere bzw. möglichst viele Schultern zu verteilen.
Problem 3: Die Initiativen-Flut
Das dritte Problem tritt vor allem zu gewissen Hochzeiten wie Parteitagen oder besonders großer medialer Aufmerksamkeit auf. Zu diesen Zeiten gibt es sehr viele neue Initiativen oder Abstimmungen. Diese hohe Anzahl erfodert entsprechend viel Zeit, weshalb nur diejenigen, die es sich zeitlich und finanziell leisten können abstimmen. Für die meisten reicht es gerade mal um zum Mittel der Delegation oder der Autoablehnung zu greifen. Es entsteht eine Zeit- und Geldelite, die das System dominiert und die im wesentlichen nicht besser (eher gar schlechter) ist, als demokratisch gewählte Delegierte.
Nun besteht an ein Mitbestimmungssystem durchaus der Anspruch, das jemand, der bereit ist einen grundlegenden Aufwand zu betreiben, das System aktiv nutzen können soll ohne sich getrieben zu fühlen. Aus diesem Grund sehen wir hier Verbesserungsbedarf.
Lösungsvorschlag für Problem 1: Die Präferenzdelegation
Da die Kettendelegation zu unerwünschten Effekten führt, brauchen wir ein alternatives Delegationsverfahren, welches jedem die volle Kontrolle darüber ermöglicht, wo seine Stimme landet. Eine solches System wäre die Präferenzdelegation. Hierbei delegiert der Stimmberechtigte nicht auf eine einzelne Person, sondern auf eine ordinal geordnete Liste („Rangliste“) von Personen.
Wenn die erste Person, auf die delegiert wurde, nicht abstimmt, dann geht die Stimme an den Delegierten 2, danach an Delegierten 3 bis zum Ende der Liste. Ist die Liste am Ende angekommen, ohne dass ein Delegierter abgestimmt hat, so verfällt die Stimme. Dies kann wiederum dadurch verhindert werden, indem der Stimmberechtigte eine lange Delegationsliste erstellt. Im Grenzfall (alle anderen Stimmberechtigten befinden sich in der Delegationsliste) verfällt die Stimme somit auch niemals.
Lösungsvorschlag für Problem 2: Die Stimmgewichtsbeschränkung
Die Anzahl der Stimmen, die eine Person auf sich vereinigen kann, zu beschränken, ist eine bewehrte Möglichkeit um Machtkonzentration in Delegationssystemen zu verhinden. In Liquid Democracy ergab sich für deren Implementierung allerdings ein Problem. Wenn bei einer Abstimmung z.B. 20 Stimmberechtigte auf eine Person delegieren, man aber das Stimmgewicht auf 10 beschränkt, führt dies dazu, dass bei den Delegierenden quasi die Hälfte der Stimmen verfällt. Dies ist eine Verletzung des Grundsatzes der gleichen Wahl.
Ersetzt man allerdings die Kettendelegation durch die Präferenzdelegation, löst sich dieses Problem in Wohlgefallen auf. Delegiert ein Stimmberechtigter auf eine Person die bereits »voll« ist, so kann er einfach auf der Präferenzliste weiter gehen. Hier stellt sich nur noch die Frage wie genau bestimmt wird, wessen Stimme weiterdelegiert wird. Hierbei sind verschiedeste Ansätze denkbar, von denen die einfachste faire Variante wohl eine Zufallsentscheidung ist.
Eine weiter fortgeschrittene Variante wäre die Aufteilung des Stimmgewichts. D.h. in unserem Beispiel oben etwa, dass die 20 Stimmberechtigen jeweils eine halbe Stimme auf den gemeinsamen Delegierten delgieren und jeweils eine halbe Stimme auf den Präferenzlisten der Stimmberechtigten weiter wandert. Grundsätzlich sind bei der genauen Ausgestaltung von beschränkten Präferenzdelegationen noch mehr Varianten möglich.
Lösungsvorschlag für Problem 3: Diskrete Abstimmzyklen
Das Problem der Initiativenflut gestaltet sich ähnlich wie das Problem der Antragsflut auf Bundesparteitagen der Piratenpartei. Dadurch das jeder Initiativen starten kann, wird es in den Hochzeiten sehr schnell unübersichtlich. Bereits Liquid Feedback hat zu diesem Zweck das Unterstützerquorum. Dieses hat sich aber als nur beding zweckmäßig herausgestellt, weil bei der Unterstützung auch Delegationen zählen. Da man nicht explizit nicht unterstützen kann, bedeutet dies, dass jeder der unterstützt automatisch seinen kompletten auf ihn zeigenden Delegationsbaum mitnimmt.
Wir schlagen deshalb diskrete Abstimmzyklen vor. Was heißt das im Detail? Jeder Stimmberechtigte kann jederzeit Initiativen starten, diese beginnen im Zustand inaktiv. In diesem Zustand ist der Initiator aufgerufen Unterstützer zu sammeln. Die tatsächlichen Diskussionen und Abstimmungen finden in regelmäßigen Zyklen statt, je nachdem welchen Zweck das System verfolgt. So kann ein Zyklus bei der Antragsvorbereitung für einen Parteitag z.B. aus drei Wochen Diskussion und einer Woche Abstimmung bestehen. Ein Discrete-Democracy-System, das ein häufiger tagendes Organ wie etwa einen Vorstand ansteuert, würde kürzere Zyklen (z.B. fünf Tage Diskussion und zwei Tage Abstimmung) verwenden.
In jedem Zyklus wird nur eine feste Anzahl von Initiativen bearbeitet, wobei stets die inaktiven Initiativen mit den meisten Unterstützern aktiviert werden. Zu diesen können dann Alternativen formuliert werden und es kommt zur Abstimmung. Die Zahl der aktivierten Initiativen kann auch dynamisch angepasst werden, falls man z.B. möchte, dass vor einem Parteitag mehr aktiviert wird.
Dies hat den Vorteil dass das System für alle Nutzer kalkulierbarer wird. Viele Menschen können sich eher auf fixe Termine einstellen, als auf dauernde Tätigkeit im System. Durch Discrete Democracy können sie sich nicht nur drauf einstellen, wieviele Initiativen pro Zyklus behandelt werden, sie können auch frühzeitig ihre Delegationen planen.
Zusammenfassung und Ausblick
Das hier vorgestellte Prinzip Discrete Democracy beinhaltet tatsächlich drei unabhängige Verbesserungsvorschläge für Liquid Democracy. Lediglich die Beschränkung des Stimmgewichts sollte in unseren Augen an eine Präferenzdelegation gekoppelt werden.
Auch mit diesen Verbesserungen werden Liquid Democracy und die entsprechenden Derivate nicht jeder Kritik gerecht und es ist immer noch offen, wieviel von der Ambition erhalten bleibt. Wir glauben dennoch, dass Discrete Democracy einen kleinen Schritt zur Weiterentwicklung der Idee von Liquid Democracy darstellt und die Reform unserer Demokratie damit ein kleines Stück näher kommt.
20 Kommentare
2012-04-02 um 8:49 pm
Ein Vorschlag zur Berbesserung von Liquid Democracy | Piratenkeks Ein Vorschlag zur Berbesserung von Liquid Democracy | Piraten- und Studentenalltag
[…] und ich haben einen Blogpost zu Thema Probleme und Verbesserungsvorschläge zu Liquid Democracy […]
2012-04-03 um 10:28 am
Sebastian K. (@argosy_ops)
Da LQFB ja schon seit einiger Zeit brach liegt (kann mich schon ewig nicht mehr einloggen), bin ich nicht ganz fit, was den aktuellen Stand angeht. Als wir das Problem mal diskutiert hatten, gab es auch deswegen Superdelegierte, weil eine Delegation nicht verfiel. Das sorgte dann auch dafür, dass Delegationen gewissermaßen „verwaist“ sind. Entweder, weil der User nicht mehr aktiv war oder weil er gar nicht mehr mitverfolgt hatte, ob sein Wunschdelegierter zu einem Thema nicht vielleicht grundsätzlich die Meinung geändert hatte. Ein Lösungsvorschlag war, Delegationen automatisiert nach einem bestimmten Zeitraum aufzuheben.
Wie schaut es bei dem Thema aus? Wie gesagt, war ewig nicht mehr im System.
2012-04-03 um 11:23 am
Korbinian Polk
kettendelegation sehe ich als feature nicht als bug. expertentum besteht ja nicht nur darin, sich in einem thema besonders gut auszukennen, sondern einen guten überblick zu haben _wer_ sich in einem thema besonders gut auskennt um an diesen dann die stimmen weiterzuleiten. dein vorschlag mit präferenzlisten schließt dieses wichtige feature aus, und setzt davon abgesehen auch ein großes wissen über die experten im system vorraus. da ich niemals sicher sein kann ob meine erste präferenz meine stimme bekommt muss ich ich soviel wie mögliche „experten“ gewichtet in eine reihe bringen. und das ganze dann entweder global, nur für einen bereich oder eine initiative. sowas kann nur jmd leisten der die leute im system extrem gut kennt um genügend geeignete delegationsziele zu haben. doch auch für die bleibt die angst dass die stimme verfallen könnte. eher passive leute im system die weder viele leute kennen, noch lust oder zeit haben sich aktiv selbst mit jeder initiative zu beschäftigen schließt du mit deinem vorschlag aktiv aus.
würde zwar nichts am kettendelegationsfeature ändern, aber was sehr nützlich wäre wenn sich leute aktiv als delegationsziel für bestimmte themenfelder übersichtlich anpreisen könnten. ich stelle mir da eine übersicht vor, wo klar nachzuvollziehen ist wer wie bisher gestimmt hab, so dass ich als jmd der leute nicht so gut kennt mir eine qualifizierte meinung bilden kann ob jmd als delegierter für mich infrage kommt. dort könnte auch jemand wie maha sich so anpreisen dass sein fachgebiet ist gute leute zu finden an die er weiterdelegieren wird.
von künstlichen stimmgewichtsbeschränkungen halte ich gar nichts. jede grenze die dort gezogen wird ist willkürlich und stinkt nach gelenkter demokratie. man sollte viel lieber versuchen zu garantieren dass die delegation tatsächlich dem aktuellen willen der teilnehmer entspricht. wenn das gewährleistet ist, sehe ich darin überhaupt kein problem.
das ktuell größte problem in der lqfb-implemtierung von liquid democrcy ist meiner meinung nach, dass delegationen nicht zeitlich verfallen. fire and forget globaldelegation die für immer gelten halte ich für ein großes problem, weil nicht mehr gewährleitet wird dass eine stimme tatsächlich auch einen willen ausdrückt. diese karteileichen zu entfernen wäre sehr leicht wenn man einen automatischen verfall der delegation einbauen würde. durch ein einloggen im system würde man die delegation „auffrischen“ müssen um ihre gültigkeit zu bestätigen. das entspricht auch unserem aktuellen demokratieverständnis wo wir alle paar jahre parteien neu wählen. auch wenn wir immer die gleiche wählen, fänden wir es wohl sehr undemokratisch wenn man ein lebenslanges „abo“ auf eine bestimmte partei abschließen könnte.
beim 3. punkt gebe ich dir vollkommen recht. diskrete abstimmungszyklen finde ich sehr wichtig um zeitliche ereignisse zu haben auf die man sich vorbereitunen kann und wo man werbung machen kann. wenn alles im fluß ist kriegt auch kaum mehr einer mit was und wie überhaupt abgestimmt wird.
als guten rhythmus könnte ich mir einen halbjährliche zyklus vorstellen. das entspricht ungefähr dem wie oft wir bundespearteitage abhalten.
2012-04-03 um 2:49 pm
tarzun
Ich habe es nur grob überflogen, korbinians Kommentar spricht aber bereits einiges Wichtiges an. Nach erstem Drübersehen scheint Andis Vorschlag auf komplizierte Weise das (vermeintliche) Problem *nicht* zu lösen. Gerade die so gewünschte „Kontrolle“ über mein Delegationsziel wird ja da nicht erreicht. Es macht doch keinen Unterschied ob ich nun nicht weiß, an wen jemand weiter delegiert oder welches Mitglied meiner Liste das System auswählt. Für den Preis einer Liste „bekannter“ möglicher Repräsentanten einen Verfall meiner Entscheidung für einen Repräsentanten zu riskieren,halte ich für nicht wünschenswert.
Stimmgewichtsbeschränkungen halte ich ebenfalls für glatt undemokratisch. Eine Delegation ist eine bewußte Entscheidung eines Teilnehmers, global, in einem Gebiet oder konkreten Thema einem anderen Teilnehmer zu vertrauen (das ist ja der repräsentative Teil der Liquid Democracy). Diese Freiheit des Einzelnen zu beschneiden, in dem die bewußten Entscheidungen einiger Teilnehmer dann plötzlich verfallen, halte ich für nicht diskutabel.
Aktuell ist der Antrag beim Vorstand, die Version 1.3.1 einzuspielen und damit den Delegationsverfall zu aktivieren. Eines der größten, (an)erkannten Probleme, die „Fire&Forget“-Delegationen werden so abgeschwächt werden. Dessen Auswirkungen sollten abgewartet werden. Da hinein spielt auch die Frage der Nutzung des Tools durch die Gremien, wenn der Vorstand alles ignoriert, was im Liquid passiert, dann ists letztlich auch Wurscht, was in dem System passiert.
Wenn die Ergebnisse allerdings ernst genommen werden (etwa als Meinungsbilder zu Vorstandsanträgen) wird auch die Nutzung steigen und die „einsamen Topdelegierten“ haben weniger Macht, da mehr Leute selber aktiv teilnehmen. So plane bspw. ich (wenn ich gewählt werde) ein „Vorstandsantrag“-Regelwerk einzurichten, so das eingereichte Anträge für die (über)nächste Sitzung rechtzeitig durchs Liquid gehen. Auch wäre eine „Liquid-Sonntagsfrage“ denkbar, um dem System einen „Eventcharakter“ zu verleihen.
Sinnvoll ist u.U. der Vorschlag, das System „kalkulierbarer“ zu machen um Abstimmtermine nicht zu „verpassen“, wobei mich der Vorschlag, schlicht eine weitere Komplexitätsebene einzuziehen nicht auf Anhieb überzeugt (technisch wird eine neue Phase „Inaktiv“ eingeführt, für die es ein weiteres „Quorum“ benötigt). Darüber hinaus sind Abstimmungsphasen von 14 Tagen für Programmregelwerke durchaus „langfristig“ und wer keine Zeit hat: Der delegiert 🙂
Generell bin ich aber für jegliche Alternativen offen und stehe ihnen interessiert gegenüber, aber $JEMAND[tm] müsste[tm] entweder ein solches System erstellen oder LiquidFeedback entsprechend forken und dann schauen wir uns das an. Ein Blogbeitrag ist als Teil einer „Weiterentwicklungsdebatte“ da nicht unnütz, reicht aber leider nicht aus.
2012-04-04 um 11:12 pm
cmrcx
„Es macht doch keinen Unterschied ob ich nun nicht weiß, an wen jemand weiter delegiert oder welches Mitglied meiner Liste das System auswählt.“
Doch. Der ganz entscheidende Unterschied ist, dass ich mir die ganze Liste der Leute, von denen einer mein Stimmgewicht bekommt, dann selber aussuchen kann. Bisher kann ich nur die erste Person dieser Liste selbst bestimmen. Genau deshalb verwende ich die Delegationen in Liquid Feedback derzeit nicht: Alle Leute, an die ich delegieren würde, delegieren ihrerseits über teilweise mehrere Zwischenschritte an Leute, an die ich definitiv nicht delegieren möchte.
„Für den Preis einer Liste “bekannter” möglicher Repräsentanten einen Verfall meiner Entscheidung für einen Repräsentanten zu riskieren,halte ich für nicht wünschenswert.“
Bei mir ist es genau umgekehrt: Lieber eine Enthaltung als eine falsche Stimme.
2012-04-03 um 2:52 pm
Piraten-Linkliste » Discrete Democracy, ein Vorschlag zur Weiterentwicklung von Liquid Democracy
[…] weiterlesen auf andipopp.wordpress.com […]
2012-04-03 um 3:35 pm
Stefan
Mal ganz blöde gefragt: Welchen Zweck soll das Delegationsprinzip überhaupt erfüllen? Ernsthafte Wissensfrage, weder rhetorisch noch argumentativ.
Gerade in LQFB hat doch jedes Individuum die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob es „für“ oder „gegen“ eine Sache ist. Und wer nicht will, nicht kann oder nicht informiert genug ist, der kann sich einfach enthalten.
Ich kann ja auch nicht bei der Bundestagswahl meinen besten Kumpel losschicken, der mein Kreuz für mich mitmacht.
Untergräbt das nicht das grundlegende Prinzip der Piraten? Jeder Bürger hat einen eigenen Verstand und eine eigene Stimme.
2012-04-03 um 10:12 pm
Feal
Hier, Stefan: http://www.youtube.com/watch?v=r0G_vuWTOUw 🙂
2012-04-04 um 6:30 am
Stefan
Danke. Schönes Video. Leider wird da aber auch nur gesagt, DASS man delegieren kann, DASS manche Menschen delegieren.
Die Gründe dafür verschweigt das Video. Und „keine Zeit“ oder „Keine Ahnung“ halte ich nicht für einen Grund. Dann enthält man sich eben einfach ganz. Mach ich doch auch im LQFB: Wenn ich über das Thema einer Initiative zu wenig Ahnung habe, dann klicke ich explizit auf „Enthaltung“ (bzw. wenn ich gar nicht erst abstimme, dann ist das ja automatisch auf enthalten).
Diese „Irgendwer wirds irgendwie schon richten“-Mentalität entspricht meinem Verständnis nach doch gar nicht den Piraten. Wieso trete ich denn in eine basisdemokratische Partei ein, wenn ich dann nichtmal selbst abstimmen will?
Ich versteh’s immer noch nicht. 😉
2012-04-04 um 7:58 am
Andi
Ich sehe das so, dass das mit dem „keine Zeit“ tatsächlich der Fall ist. Das ist im wesentlichen die Ökonomie der Demokratie. Die wenigsten haben genug Zeit sich allen Themen zu beschäftigen. Wenn man dann sagt, nur die welche die Zeit aufbringen, sollen abstimmen, der Rest enthält sich halt, dass ist das keine Demokratie, sondern eine Diktatur der Minderheiten. Moderne Demokratie löst das Problem normalerweise durch repräsentative Elemente. Die Macher von LD fanden die aktuellen repräsentativen Elemente nicht gut und haben sich andere überlegt. Für weiteres Studien empfehle ich das hier: http://www.amazon.de/Demokratietheorien-Einf%C3%BChrung-Manfred-G-Schmidt/dp/3531173103/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1333526310&sr=1-1
2012-04-04 um 8:18 am
Stefan
Ah, Diktatur der Minderheiten. Das ist doch mal ein schönes Stichwort, aus der Perspektive hab ich das noch nicht gesehen. Das Argument lasse ich gelten, das macht Sinn.
Danke für den Kommentar. 🙂
2012-04-03 um 10:08 pm
Feal
Um Fire&Forget-Delegationen ebenfalls nicht ganz willkürlich verfallen zu lassen, würde ich vorschlagen, dass diese nicht binär verfallen, sondern über eine Funktion (z.B. abnehmend exponentiell wie Halbwertszeiten) abhängig vom Zeitpunkt der letzten Bestätigung gewichtet werden, d.h.: Im Laufe der Zeit langsam abklingen. Das trägt m.E. etwas besser zur Berechenbarkeit des Systems bei, da sich nicht durch die Inaktivität einiger Mitglieder nach x Tagen schlagartig andere Machtverhältnisse einstellen. Gleichzeitig gehen so Stimmen nicht ganz verloren, nur weil Mitglieder vergessen haben, sich aktiv einzubringen, oder es ihnen nicht so wichtig ist. Die effektive Halbwertszeit des Delegationsverfalls könnte man dann an den Aktivitätszyklus eines diskret-demokratischen Systems binden, um auch hier die Anzahl der zu beeinflussenden Parameter gering zu halten.
2012-04-03 um 11:06 pm
Slash
LQFB scheint wohl derzeit thematisch hoch im Kurs zu sein ^^ …
nun denn, mein Senf:
1. bin ich bei euch
2. bin ich bei euch, wobei mir persönlich schon immer die Schlussfolgerung missfiel, dass ein Superdeligierter eine besonders gewichtige Meinung ist, und nicht etwa eine Stimmen-Gruppe ist; das halte ich für sachlich unzutreffend. Der Super-Deligierte wird die Stimmen ja nicht umsonst bekommen haben, sondern weil Dritte sich ihm gleichgesinnt fühlten. Und was macht das nach Adam Riese ? Eben; 2 bzw. x gleiche Stimmen, und nicht eine ganz schwere, die zudem nicht im Konsens mit ihrer Deligierten-Baumstruktur steht. Da das Ziel allerdings in der Tat sein sollte, das viele Leute sich selbst aktiv an Entscheidungsprozessen beteiligen, oder zumindest mehr als das jetzt der Fall ist, mein Zuspruch an dieser Stelle.
3. Halte ich für vollkommen verfehlt; der Initiativen-Stau ist aufgrund einer mangelnden Diskussions-Phase problematisch. Eine leitendere Reglementierung der Initiativ-Phasen wird dieses Problem nicht lösen. Was es braucht ist ein vom Ablauf der Meinungsbildung her vor LQFB geschaltetes „Ding“, das universelle Plattform für einen ausgedehnten, konstruktiven Diskurs ist. Sämtliche schlechten Erfahrungen, die wir alle aus Diskussionen zu genüge kennen, sollte dieses „Ding“ versuchen, formal auszuschalten; dazu gehört auch, dass die Einfindung in einer Diskussion ausdrücklich erleichtert wird, etwa durch eine Konsens-Box über jede Diskussion, die in wenigen Worten klarstellt, was gerade aktuell Sache ist. An diesem „Ding“, einer Entsprechung von LQFB, bloß halt nicht für Abstimmungen, sondern Diskussionen, arbeitet gerade die AG Meinungsfindungstool: http://wiki.piratenpartei.de/AG-Meinungsfindungstool
Wenn es euch jetzt wie Schuppen von den Augen fällt und ihr euch jetzt sagt „Mensch, das ist es doch ! Wie soll man denn bitteschön vernünftig abstimmen, ohne zuvor im Vorfeld vernünftig diskutiert zu haben ?“, dann beteiligt euch bitte an dieser AG, das ist der nächste große Wurf nach LQFB und unerlässlich !
Wer Blut geleckt hat, dem kann ich nur wärmstens dieses konkrete Konzept zum Diskussions-Tool an’s Herz legen: http://wiki.piratenpartei.de/Thesis
Und 4. – ich fass‘ diesen Blog-Eintrag mal als Einladung für ein diskursives „Ich packe meinen Koffer“-Spiel auf 😉 – muss endlich das Transparenz-Datenschutz-Dilemma gelöst werden.
Die interne Offenlegung der User-Namen bei Abstimmungen hat viele Piraten verprellt und die innerparteiliche Akzeptanz von LQFB arg in Mitleidenschaft gezogen; da kann man nicht Gras drüber wachsen lassen, da muss man ran, und zwar konstruktiv.
Und darum sprech‘ ich mich für den schon seit geraumer Zeit kursierenden Vorschlag aus, die transparente Offenlegung an die Anzahl von Delegationen zu koppeln:
Grundsätzlich sollten bei Abstimmungen alle Abstimmungs-Teilnehmer anonym sein, aber Leute, die 5 Delegationen und mehr haben, sollten transparent offen gelegt; ob das für die komplette Delegations-Baumstruktur gilt, darüber müsste man sich noch streiten. Die Möglichkeit, Delegationen abzulehnen, müsste eingerichtet werden.
Das hieße beispielsweise, dass Jens Seipenbusch all seine Delegationen bis auf 4 verbleibende ablehnen könnte und fortan in LQFB anonym abstimmen könnte; ließe er jedoch irgendwann auch nur eine einzige, weitere Delegation zu während die bisherigen bestehen bleiben, dann hätte er 5 und wäre somit bei Abstimmungen nicht mehr anonym, sondern für alle erstichlich in seinem Abstimmungsverhalten offengelegt. Das wäre ein Kompromiss aus den Bedürfnissen der Aluhüte und Data-Lover.
Viele Grüße,
/ aka Oliver
2012-05-08 um 1:21 pm
SD
„Der Super-Deligierte wird die Stimmen ja nicht umsonst bekommen haben, sondern weil Dritte sich ihm gleichgesinnt fühlten.“
Da hast du die Rechnung ohne die Transitivität gemacht. Dass jemand über 5 globale Delegationen hinweg zu einem beliebigen Thema x die gleiche Meinung vertritt, wie der Delegationsgeber, halte ich für weitestgehende Glückssache. Da kann man auch gleich Würfeln gehen…
2012-04-03 um 11:29 pm
Slash
Kleiner Nachtrag zu 2.:
Sollten Delegationen verfallen ? Ja. Die Frage ist bloß nach was für einem Zeitraum. 9 Monate ohne Log-In halte ich für angemessen. Was ich dahingehend nicht sehen will, ist, dass Leute, die bedacht ihre Delegationen verteilt haben, gestresst werden, ihre Delegationen am Leben zu halten, indem sie sich in relativ kurzen Rhythmen in’s System einloggen müssen (weniger als 6 Monate), um ihre Delegationen aufrecht zu erhalten. Eventuell ergibt sich durch den 1. Punkt des Blog-Posts 3 Monate Spielraum nach hinten (9 -> 12 Monate)…
Und 5. die Auto-Ablehnung:
Mit der Auto-Ablehnung verhält es sich fast so wie mit Frauen:
Es ist etwas, das ich nicht verstehe und doch nicht missen möchte.
Ich habe die Hoffnung, wenn ich mal zwischen Tür und Angel ein paar Initiativen überfliege und dabei auf eine Bullshit-Initiative stoße, dass ich für diesen Fall Auto-Ablehnen bei dieser Initiative aktivieren kann und dann diese Initiative völlig ignorieren kann (Bsp.w. 6 Monate Urlaub in Rimini, statt LQFB-Kleingärtnertum), und dann am Ende bei der Abstimmung doch meine Stimme auf der Ablehnen-Seite gezählt ist; einfach so, ohne weiteres Zutun, einfach weil ich mal irgendwann im Vorfeld Auto-Ablehnen aktiviert habe und es dabei die ganze Zeit beließ…
ja, ich hab‘ keine Ahnung, ob Auto-Ablehnung tatsächlich so wirkt, ich hoffe es nur; aus meiner jahrelangen Mitwirkungsphase als beständiger, aktiver Basis-Teilnehmer an LQFB hat sich mir dieser Umstand auch nicht erschlossen.
Was ich einer Funktion, die derartig funktioniert, wie ich mir das hier erhoffe, so schätze, ist, dass sie LQFB bei weitem freundlicher für Leute macht, die wenig Zeit haben. Nicht jeder kann oder ist bereit dazu, jede Woche mal LQFB zu durchstreifen; da ist eine Funktion, die jederzeit Entscheidungen im System ermöglicht, schon verdammt praktisch.
Wenn das System zu aktiv ausgestaltet wird, schafft es eine Zeit-Elite, bzw. Meritokratie statt liquide Demokratie.
Ich sprech‘ das so ausdrücklich an, weil diese Funktion – sofern sie denn tatsächlich so funktioniert, wie ich mir das erhoffe – innerparteilich nicht nur Freunde, sondern mittlerweile auch viele Feinde hat.
Viele Grüße,
/ aka Oliver
2012-05-02 um 11:43 am
Waschbärpower » Aufmachen!
[…] (und Leidensfähigkeit) erforderlich. Gewiß, “Tools” können keine Inhalte ersetzen, einige Fragen sind ungeklärt und ob sie sich tatsächlich eines Tages durchsetzen werden und zu mehr Einflussnahme führen, […]
2012-05-15 um 1:02 pm
Max
Ich Pirat Max,
Ich bin schon erstaunt über diesen Artikel. Wie naiv muss man eigentlich sein um so einen Unsinn zu schreiben. Der Autor hat hinsichtlich seines Demokratieverständnisses Defizite (sorry, aber das musste mal gesagt werden).
Selbst in unserem System der „repräsentativen Demokratie“ wäre eine Implementierung von „Liquid Democracy“ mit einigen Veränderungen durchaus denkbar. Eine Gefahr, dass wir dadurch in eine Diktatur hinein schliddern könnten, ist schon aufgrund des Sytems (Verfassung) ausgeschlossen, denn weder der Kanzler noch der Präsident verfügt über die alleinige Entscheidungsmacht.
Uns allen ist aber klar, dass die „repräsentativen Demokratie“ Schwächen hat die es gilt aufzudecken und abzustellen. Das gilt insbesondere ideologisch bzw. lobbyistisch geprägten Entscheidungen.
Ich glaube daran, dass Volkentscheide und Liquid Democracy unsere Demokratie gerechter und flexibler gestaltet wenn wir folgende Voraussetzungen schaffen.
1. Alle Angehörigen eines Parlamentes, incl. Kanzler und Präsident werden durch das Volk gewählt. Letzere über Volksentscheid (jeder hat eine Stimme), erstere durch Liquid Democracy (sollte einer für mehrere Ämter Stimmen erhalten haben muss er sich für ein Amt entscheiden, für die anderen Ämter verfallen dann die Stimmen)
2. Das Volk reicht über ein Liquid Feedback Verfahren Vorschläge ein die durch das Parlament ausgearbeitet werden und zur Entscheidung via Volksentscheid dem Volk vorgelegt werden. (eine 2te Absicherung)
Sicherlich ist die technische Umsetzung für derartige Abstimmungsverfahren durchaus schwierig aber nicht unmöglich.
Fazit:Das Abstimmungsystem von Liquid Democracy hat keine Schwächen. Vielmehr gilt es ein vernünftiges Demokratiekonzept zu entwickeln welches dem Volk eine weitesgehende Entscheidung ermöglicht hinsichtlich politischer Prozesse. Ich empfehle daher dem Autor nochmal über das ganze nachzudenken den manchmal sind die Dinge viel unkomplizierter als man glaubt.
2012-05-31 um 8:47 am
Andi
Du schlitterst gerade 50 km am Thema vorbei, sorry.
2012-08-02 um 4:52 pm
Thomas
Problem 3 haben wir bei den verbindlichen Mitgliederentscheiden in KV München-Land durch Abstimmungen alle 2 Monate gelöst.
Problem 1+2 haben wir gar nicht, da es keine Delegationen gibt.
Wer sich für inkompetent hält, enthält sich oder fragt einen Kompetenteren, wie er abstimmen sollte.
http://wiki.piratenpartei.de/BY:Bezirksparteitag_Oberbayern/Antragsfabrik_2012.1/Mitgliederentscheid
2012-09-05 um 2:24 pm
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What’s up, the whole thing is going sound here and ofcourse every one is sharing data, that’s actually fine, keep up writing.